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Wirtschaft: Buchpreisbindung: Experten fordern Ende der Preisfestschreibung

Großfusionen sind derzeit keine Gefahr für den weltweiten Wettbewerb. Die Kartellbehörden hätten solche Zusammenschlüsse "voll im Griff", stellte die Monopolkommission bei der Vorstellung ihres neuen Gutachtens am Freitag in Berlin fest.

Großfusionen sind derzeit keine Gefahr für den weltweiten Wettbewerb. Die Kartellbehörden hätten solche Zusammenschlüsse "voll im Griff", stellte die Monopolkommission bei der Vorstellung ihres neuen Gutachtens am Freitag in Berlin fest. Kritik übten die Experten dagegen an der Buchpreisbindung, die ihrer Ansicht nach abgeschafft gehört. Außerdem sollten Studiengebühren in Höhe von 2000 Mark pro Semester eingeführt werden, um mehr Marktorientierung im deutschen Hochschulsystem zu erreichen.

Die Konzentration der deutschen Großunternehmen sei nicht bedenklich, auch wenn die amtliche Statistik die tatsächliche Situation stark unterzeichne, befand die Expertenrunde, die alle zwei Jahre dem Bundeswirtschaftsminister über den Stand des Wettbewerbs berichtet. Zwar dominierten in einigen Branchen nur wenige große Konzerne mit hohen Renditen, wie im Kredit- und im Versicherungsgeschäft oder im Markt für Fernsehwerbung. Im ähnlich stark konzentrierten Einzelhandel herrsche dagegen ein sehr starker Wettbewerb, der stark auf die Gewinne drücke. Besorgt äußerte sich der Kommissionsvorsitzende Wernhard Möschel allein über das neu entstandene Strom-Duopol aus den Fusionen Veba/Viag und RWE/VEW. Insgesamt waren die Experten mit der Situation des Wettbewerbs in Deutschland aber zufrieden.

Scharfe Kritik übte das Gremium aus Ökonomen und Unternehmern allerdings an der neuen, deutschlandweiten Festschreibung der Buchpreise, wie sie die Bundesregierung jüngst verabschiedet hat. Die grenzüberschreitende Preisbindung zwischen Deutschland und Österreich war zuvor auf Druck der EU-Kommission gefallen. Die neue Lösung sei wettbewerbsrechtlich "eine Farce". Von einer Abschaffung der festen Buchpreise würden Internethandel und Verbraucher gleichermaßen profitieren: Der Strukturwandel würde beschleunigt und die Verbraucher effizienter und nachfragegerechter mit Lesestoff versorgt. An "Zustände wie im Jahre 1890, als die Preisbindung eingeführt wurde" fühlte sich Möschel mit Hinblick auf den Boykott des Online-Buchhändlers Libro durch deutsche Verlage erinnert. Widerspruch erntete die Kommission in diesem Punkt von Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos). Er wolle die festen Buchpreisen beibehalten, um "die Qualität und die Vielfalt des Angebots, die Existenz vieler Verlage und das breite Sortiment zu sichern", sagte er.

Unzufrieden waren die Monopolfachleute auch mit der Weisung des Wirtschaftsministers an die Post-Regulierungsbehörde, das Briefporto bis 2002 einzufrieren. Möschel bezweifelte, ob dies rechtens gewesen sei. Zudem beschädige Müller die Unabhängigkeit der Behörde und hindere sie, "den Verbraucher vor Ausplünderung zu schützen". Ohnehin lasse die Öffnung des Postmarktes zu wünschen übrig. Möschel warnte die Koalition in diesem Zusammenhang davor, nationale Konzerne wie die Post oder die Telekom über die Maßen zu schützen. "Man sollte die Großen nicht füttern, um sie als Global Player aufzubauen; das gefährdet den Freihandel und wäre ein Rückschritt."

Um der Krise der Universitäten zu begegnen, schlugen die Fachleute in einem Sondergutachten die Einführung von Studiengebühren von 2000 Mark pro Student und Semester vor. Dadurch würde sich das Studienangebot stärker an der Nachfrage und an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes orientieren. Die Hochschulen sollten aber weiterhin größtenteils aus Steuermitteln finanziert werden. Für eine wirksame Reform seien zudem mehr Autonomie der Hochschulen und Wettbewerb um Studierende wie Wissenschaftler notwendig.

Die Liberalisierung der Märkte für Strom und Telekommunikation bewertete das Gremium als Erfolg, wenngleich die Deregulierung in der Energierwirtschaft noch nicht weit genug gehe. Auf dem Telefonmarkt müsse der Wettbewerb weiterhin strikt überwacht werden. Für das Internet gelte das Gegenteil: Wettbewerbsrechtliche Regelungen würden die Dynamik behindern.

brö

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