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Nur ein Nischenprodukt? Die Branche ist zwar klein, wächst aber rasant.

© Daniel Koch/teilAuto - Mobility Center GmbH

Carsharing: Carsharing wird weiblicher

Die Branche wächst und wird vielfältiger: Zahl der Kunden steigt schneller als die der Fahrzeuge. Doch noch nutzt nur ein Prozent der Deutschen das innovative Angebot.

Teilen statt Besitzen: Auch beim Auto setzt sich der Sharing-Trend immer stärker durch. 757.000 Anmeldungen zählten die 150 deutschen Carsharing-Anbieter im vergangenen Jahr – 67 Prozent mehr als 2012. Das Wachstum der Carsharing-Branche ist ungebrochen, wie der Bundesverband Carsharing am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Anbieter, deren Autos an festen Orten abgeholt werden, wuchsen demnach 2013 um 19 Prozent auf 320 000 Kundenanmeldungen. Deutlich mehr Interesse weckten jedoch Angebote, bei denen es den Kunden erlaubt ist, den Pkw nach der Nutzung an einem beliebigen Platz abzustellen. Sie übertrafen erstmals das Konkurrenzmodell der stationsbasierten um 117 000 Kundenanmeldungen – und wuchsen um 139 Prozent.

75 Prozent der Nutzer sind private, der Rest gewerbliche Kunden

Allerdings ist das Modell, das seit 2011 auf dem Markt ist, erst in 14 Städten verfügbar. Stationsbasierte Carsharing-Anbieter sind bereits in 380 Städten vertreten.

Während die Zahl der Neukunden kräftig stieg, kamen die Anbieter kaum hinterher, neue Pkws in ihre Fahrzeugflotten zu integrieren. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Autos erhöhte sich um 24 Prozent auf insgesamt 13 950 Fahrzeuge. Derzeit kommen – je nach Stadt – zwischen neun und elf Kunden auf ein Carsharing-Auto. Trotz des stürmischen Wachstums erreicht die Geschäftsidee noch immer nur wenige Menschen. Rund ein Prozent der führerscheinberechtigten Bevölkerung nutzt in Deutschland derzeit die Carsharing-Angebote. „Wir sind nach wie vor ein Nischenprodukt“, sagte Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbandes Carsharing. „Doch wir wachsen.“ Gerade private Kunden gehörten zu den Interessenten. Sie stellen nach Angaben des Verbands etwa 75 Prozent aller Nutzer.

Vor allem Männer nutzen derzeit Carsharing - doch die Frauen holen auf

Stationsgebundene Angebote wachsen - und freie schießen durch die Decke.
Stationsgebundene Angebote wachsen - und freie schießen durch die Decke.

© tsg

Daneben ist noch ein zweiter Trend sichtbar: Carsharing wird weiblicher. Bei Drive-Now, dem in Deutschland drittgrößten Anbieter von BMW und Sixt, waren 2011 nur zehn Prozent der Nutzer Frauen. Drive-Now-Sprecher Michael Fischer sieht die Gründe hierfür in der größeren Begeisterung für Autos bei Männern. Sie seien nach wie vor technikaffiner und experimentierfreudiger und probierten neue Angebote des Carsharings zuerst aus. Doch auch immer mehr Frauen entdecken das Mobilitätsmodell. So waren im vergangenen Jahr 29 Prozent der Kunden bei Drive-Now weiblich. Im Januar und Februar 2014 stieg ihr Anteil noch einmal um vier Prozent.

Das Durchschnittsalter der deutschen Carsharing-Kunden liegt konstant bei 33 Jahren. Mittlerweile nutzen aber immer mehr sehr junge und auch alte Menschen das Angebot. „Gerade junge Menschen haben eine ganz neue Vorstellung von Mobilität in Großstädten“, sagte Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag. „Der täglich mehrfache Wechsel zwischen Zufußgehen, Radfahren, ÖPNV- Nutzung, Carsharing und eigenem Pkw wird künftig Normalität sein.“

Viele Carsharer geben eigenes Auto auf

Der Trend, sich vom eigenen Auto zu verabschieden oder erst gar keins anzuschaffen, schont die Umwelt und entlastet die Städte. Abgase und verstopfte Straßen sind ernste Probleme, die mit wachsenden Bevölkerungszahlen zunehmen. Ein Carsharing-Auto ersetzt nach Angaben des Verbands bis zu elf andere Fahrzeuge und senkt nachhaltig das Verkehrsaufkommen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses haben 43 Prozent der Kunden noch ein Auto. Kaum sieben Monate später besitzt nicht einmal jeder fünfte Carsharer noch einen eigenen Wagen.

Der Städtetag beklagt, dass es keine bundesweite Regelung dafür gibt, wie Carsharing-Anbietern feste Parkplätze in den Städten eingeräumt werden können. Derzeit müsse man mit jedem einzelnen Anbieter verhandeln, sagte Hilmar von Lojewski. Die Unternehmer sieht er in der Pflicht, sich zu vernetzen. Erst wer mit einer gemeinsamen Stimme spreche, könne mit dem Gesetzgeber verhandeln.

Carsharing-Vorzeigestadt ist Karlsruhe. 1,9 Carsharing-Autos kommen in der baden-württembergischen Stadt auf 1000 Einwohner. Mehr als in jeder anderen deutschen Stadt. Quasi Alleinanbieter ist der Verbund Stadtmobil, der 99 Prozent der Kunden auf sich vereint.

Am heißesten umkämpft ist der Berliner Markt. Stationäres Sharing bieten hier Citee-Car, Greenwheels, Cambio und Flinkster an. An keine festen Stationen gebunden sind neben Drive-Now auch Car-2-Go und Multicity.

Michel Penke

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