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Wirtschaftskrise: China fordert koordinierten Ausstieg aus Konjunkturprogrammen

Chinas Regierungschef Wen Jiabao hat seinem Land mehr Wachstum und soziale Gerechtigkeit versprochen. Doch der Weg dorthin müsse international mitgetragen werden.

China hat gefordert, den Ausstieg aus den Konjunktur- und Liquiditätsprogrammen gegen die Wirtschaftskrise international abzustimmen. Nötig sei eine Koordination der Exit-Strategien, sagte Außenminister Yang Jiechi in Peking.

Bei einer Pressekonferenz am Rande der Sitzung des Volkskongresses sprach sich Yang auch für eine größere Rolle der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) in der internationalen Wirtschaftspolitik aus. Die Treffen der Gruppe in diesem Jahr sollten sich auf die Frage konzentrieren, wie die Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht gebracht werden könne.

China kündigt Flexibilität bei Yuan an

Derweil hat die Regierung Chinas eine Aufwertung seiner Landeswährung in Aussicht gestellt. Peking werde seine spezielle Yuan-Politik letztendlich aufgeben müssen, sagte Zentralbankchef Zhou Xiaochuan. Einen Zeitpunkt nannte er jedoch nicht. China hatte den Yuan Mitte 2008 an den Dollar gekoppelt, um angesichts der schweren weltweiten Rezession seine Exportwirtschaft zu stützen.

Die USA und andere Länder halten die chinesische Währung für unterbewertet. Sie werfen China vor, seine Produkte damit auf Kosten der Konkurrenz auf den Weltmarkt zu drücken. Die Exporte der Volksrepublik sind im vergangenen Jahr um 16 Prozent eingebrochen. Nach den Worten von Handelsminister Chen Deming könnte es noch zwei bis drei Jahre dauern, bis die Ausfuhren des kommunistischen Landes wieder Vor-Krisen-Niveau erreicht haben werden.

Die Yuan-Politik Chinas und andere Stützungsmaßnahmen hätten sich bewährt und zur Erholung nicht nur der chinesischen Wirtschaft, sondern auch der weltweiten Konjunktur beigetragen, sagte Zhou nun am Rande der jährlichen Versammlung des Volkskongresses. "Es stellt sich aber früher oder später die Frage, wie man diese Politik wieder aufgibt." Der Zeitpunkt für eine Abkehr von den Konjunkturhilfen müsse mit großer Umsicht gewählt werden, sagte der Notenbankchef.

Zugleich unterstrich er die Bedeutung eines starken Dollar für die Weltwirtschaft. "Der US-Dollar ist immer noch eine extrem wichtige Währung", sagte Zhou. Er spiele eine Schlüsselrolle bei den internationalen Handels- und Kapitalströmen. China hat rund zwei Drittel seiner Devisenreserven im Volumen von 2,4 Billionen Dollar in Dollar bewerteten Vermögenswerten angelegt. Vergangenes Jahr hatte das kommunistische Land bereits öffentlich Sorge über die Sicherheit dieser Reserven geäußert. Zugleich hat China jedoch auch wiederholt die Rolle des Dollar als Leitwährung infrage gestellt. Zhou selbst hatte vergangenes Jahr eine umfassende Reform des internationalen Währungssystems und langfristig eine Ablösung des Dollar als weltweite Leitwährung gefordert. An den Märkten hatten diese Aussagen für Aufruhr gesorgt.

Wen verspricht Chinesen weiteres Wachstum und mehr Gerechtigkeit

Regierungschef Wen Jiabao hatte vor den 3000 Delegierten des Nationalen Volkskongresses seinen Landsleuten weiteres Wachstum und mehr soziale Gerechtigkeit versprochen. In diesem Jahr solle die Wirtschaft um acht Prozent zulegen, sagte Wen am Freitag in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation in Peking. Dabei gehe es nicht nur darum, den Wohlstand zu mehren, sondern diesen auch gerechter zu verteilen.

Das Wachstumsziel von acht Prozent liegt knapp unter der Rate von 2009, als die Wirtschaft der Volksrepublik trotz weltweiter Wirtschaftskrise um 8,7 Prozent wuchs. Nach Schätzungen von Behörden ist ein weiterer Anstieg von mindestens acht Prozent in diesem Jahr nötig, um soziale Unruhen zu verhindern. Der Preisanstieg soll Wen zufolge auf drei Prozent begrenzt und der Wert des Yuan stabil gehalten werden.

Angesichts zunehmender Unruhen vor allem unter den Wanderarbeitern versprach Wen mehr soziale Gerechtigkeit. "Wir werden nicht nur den Kuchen des sozialen Wohlstandes größer machen, wir werden ihn auch gerecht verteilen", sagte Wen. Den 230 Millionen Wanderarbeitern versprach er eine Änderung des Aufenthaltsrechtes vor allem in den Städten. Bisher sorgen die administrativen Vorschriften dafür, dass die Wanderarbeiter de facto Einwohner zweiter Klasse sind.

Um den Bedürftigen im Land zu helfen, sollen die Ausgaben der Sozialversicherung um fast zehn Prozent auf umgerechnet gut 34 Milliarden Euro steigen, für die Gesundheitsausgaben steht mit umgerechnet 15 Milliarden Euro fast neun Prozent mehr Geld zur Verfügung. Wen sagte, das Geld solle sowohl Bedürftigen in den Städten als auch auf dem Land zugute kommen. Es gehe um "soziale Harmonie".

Ausdrücklich versprach Wen, in Tibet und der Unruheprovinz Xinjiang für mehr Wohlstand zu sorgen. Seine Regierung wolle für die Regionen neue Strategien für wirtschaftliches und soziales Wachstum erlassen und umsetzen. Zugleich kündigte der Regierungschef an, die "Leistungsfähigkeit" der paramilitärischen Volkspolizei zu verbessern. Die Einsatzkräfte kommen oft bei Unruhen zum Einsatz, wie es sie in Tibet und der mehrheitlich von muslimischen Uiguren bewohnten Provinz Xinjiang in den vergangenen zwei Jahren gegeben hat.

China investierte zuletzt bereits massiv in Regionen von ethnischen Minderheiten, um dort den Lebensstandard zu verbessern. Allerdings beklagen im Exil lebende Tibeter und Uiguren, dass ein überproportional großer Teil der Gelder den von der Regierung in den betroffenen Regionen angesiedelten Han-Chinesen zugute kommt.

Der Nationale Volkskongress berät anderthalb Wochen lang über zentrale Themen der Regierungspolitik. Wie jedes Jahr werden die 3000 Delegierten von einem massiven Sicherheitsaufgebot bewacht. Zusätzliche Polizeikräfte und mehr als 700.000 zivile "Freiwillige" sind im Einsatz, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Nationale Volkskongress ist kein gesetzgebendes Organ wie in westlichen Demokratien. Seit Gründung der Volksrepublik hat das Parlament keine Entscheidung getroffen, die nicht im Sinne der kommunistischen Führung war.

Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters, AFP

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