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Wirtschaft: Das erste Auto aus Karbon

VW-Tochter Lamborghini spart 25 Kilogramm

Mailand - Sorgfältig streichen Frauen eine nur wenige Millimeter dünne, schwarze, klebrige Folie über die Form eines Autodachs. Keine Blase darf sich zwischen der Passform und der Folie aus Kohlefasern bilden, wenn das Bauteil in die sogenannte Autoklave kommt. Das ist eine Art Druckluftofen, in dem das Dach des Lamborghini bei mehr als 130 Grad und erheblichem Druck eineinhalb Stunden gehärtet wird. Wenn das Dach wieder rauskommt, ist es so leicht, dass die Frauen es mit den Händen einfach anheben können.

Nicht mehr nur schnell, sondern auch leicht – so sieht der italienische Luxus-Sportwagenhersteller das Auto der Zukunft. Das Material ist Kohlefaser – sehr leicht, aber auch sehr widerstandsfähig. Beim Auto-Salon in Genf wird die italienische VW-Tochter im März das erste in Serie hergestellte Auto vorstellen, dessen Grundgehäuse (das sogenannte Monocoque) komplett aus Kohlefasern besteht. Um 20 bis 25 Kilogramm reduziert sich das Gewicht dadurch. Der „Aventador“, wie das Karbon-Auto laut Branchenkreisen heißen soll, wird im Frühjahr nach und nach auf den verschiedenen Märkten zu kaufen sein. Drei bis vier Autos täglich sollen die Fabrik in Sant’Agata in der Nähe von Bologna verlassen.

In den vergangenen Jahren hatte das Gewicht von Supersportwagen wie Lamborghinis stetig zugenommen. Die zahlreichen Zusatzausstattungen – Airbags, Klimaanlagen, Fensterheber, Katalysatoren – machten die Autos immer schwerer. „Diesem Trend wollen wir entgegenwirken“ sagt Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann. „Wir können allerdings nicht auf die schon akzeptierten Komforts verzichten, um das Gewicht zu reduzieren. Deshalb müssen wir auf neues Material setzen.“ Das neue Auto wird Lamborghini helfen, den CO2-Ausstoß seiner Fahrzeugflotte bis 2015 im Schnitt um 35 Prozent zu reduzieren. Der Karbon-Wagen soll zwar mehr als 700 PS und damit acht Prozent mehr Pferdestärken haben als sein Vorgänger Muciélago – dabei aber 20 Prozent weniger CO2 ausstoßen.

Außerdem verbessere sich das Fahrverhalten, sagt Winkelmann, weil Kohlefaser sich weniger verbiege als herkömmliches Material wie etwa Aluminium oder Stahl. „Bis vor ein paar Jahren stand bei den Kunden noch die Höchstgeschwindigkeit an erster Stelle, die Beschleunigung an zweiter und das Handling, also das Fahrverhalten, an dritter Stelle“, sagt Winkelmann. In Zukunft werde das Handling an erster, die Beschleunigung weiterhin an zweiter und die Geschwindigkeit an dritter Stelle stehen.

Der Umgang mit Kohlefaser hat bei Lamborghini Tradition. Den ersten Prototyp baute die Firma bereits vor 30 Jahren. Doch da die Herstellungskosten damals so hoch waren, montierte das Unternehmen lediglich Einzelteile aus Kohlefasern an den Autos. Vor zehn Jahren nahm Lamborghini mit der University of Washington in Seattle einen neuen Anlauf. Mit einem eigenen Labor an der Uni und seit 2008 mit einer Zusammenarbeit mit dem in Seattle ansässigen Flugzeugbauer Boeing hat das Projekt neuen Schwung bekommen. „Der Weg, den wir vor Jahren eingeschlagen haben, ist der richtige“, sagt Maurizio Reggiani, der Chef der Forschung und Entwicklung von Lamborghini. Dass Boeing Probleme mit den Kohlefaserteilen hat, sieht er gelassen: „Boeing hatte vor allem Probleme mit den Zulieferern“, sagt Reggiani. Lamborghini dagegen baut das Kohlefasergehäuse komplett selbst. Katharina Kort (HB)

Katharina Kort (HB)

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