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Wirtschaft: Das Geheimnis der G-Formel

Wer im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes mit wem verhandelt – und für wen die Tarifvereinbarungen dann gelten

Berlin (dr). Im Tarifkonflikt für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine homogenen Gruppen. Am Verhandlungstisch in Potsdam sitzen jeweils die Vertreter von sehr unterschiedlichen Parteien.

Die Arbeitgeberseite wird von drei Verhandlungsführern vertreten. Für den Arbeitgeber Bund spricht der Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). Ihm fällt nach der Geschäftsverteilung zwischen den Ministerien der Bereich des öffentlichen Dienstes zu.

Die Bundesländer traten bisher bei den Verhandlungen geschlossen als Arbeitgeberverband auf. Sie sind in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) mit Sitz in Bonn organisiert. Bei den Ländern sind mehr als 2,2 Millionen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst (Angestellte, Arbeiter und Auszubildende) beschäftigt. Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU).

Dritter im Bunde ist die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) mit Sitz in Köln. Sie ist der Dachverband der Arbeitgeber der kommunalen Verwaltungen und Betriebe. Die VKA vertritt kommunale Arbeitgeber mit rund 1,5 Millionen Arbeitnehmern (Angestellte, Arbeiter und Auszubildende). Mitglieder sind neben Städten, Gemeinden und Landkreisen auch Krankenhäuser, Nahverkehrsbetriebe, Ver und Entsorgungsbetriebe, Sparkassen und Flughäfen. Die VKA wird in den laufenden Tarifverhandlungen durch den Oberbürgermeister von Bochum, Ernst-Otto Stüber, vertreten.

Allerdings können Länder und Kommunen aus den Arbeitgeberverbänden austreten und versuchen „Haustarifverträge“ abzuschließen. Berlin ist diesen Weg gegangen. Dazu ist eine ordentliche Kündigung und die Einhaltung bestimmter Fristen notwendig. Und das Berliner Beispiel könnte Schule machen. So wollte auch der Oberbürgermeister von Potsdam, Jann Jakobs, am Mittwoch nicht ausschließen, dass auch die brandenburgische Landeshauptstadt aus den Arbeitgeberverbänden austreten wird. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erwartet jedoch keine Austrittswelle.

Verdi sitzt auf der anderen Seite des Verhandlungstisches, als einer der Vertreter der Arbeitnehmer. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ist 2001 aus dem Zusammenschluss der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), der Postgewerkschaft und der IG Medien entstanden. Mit rund drei Millionen Mitgliedern ist Verdi die größte freie Einzelgewerkschaft der Welt und vertritt mehr als 1000 Berufe. Verhandlungsführer ist der Gewerkschaftsvorsitzende Frank Bsirske. Bsirske vertritt in den Verhandlungen auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie die Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Mit am Tisch sitzt schließlich die Tarifunion des deutschen Beamtenbundes (DBB TU). Der DBB vertritt die Beamten, versteht sich aber gleichwohl als eine Spitzenorganisation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors. Unter seinem Dach finden sich 44 Fachgewerkschaften, so etwa die Gewerkschaft der Lokomotivführer, die Komba Gewerkschaft für den Kommunal- und Landesdienst, der Bundesgrenzschutzverband und die beamteten Philologen sowie die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft. Insgesamt vertreten die Mitgliedsgewerkschaften des DBB mehr als 1,2 Millionen Mitglieder. Verhandlungsführer ist der 1. Vorsitzende Robert Dera.

Gewerkschaften und Arbeitgeber haben die Tarifverhandlungen nach der so genannten G-Formel organisiert: Die G-Formel besagt, dass alle Verhandlungen am gleichen Tag, am gleichen Ort und mit den gleichen Arbeitgebervertretern stattfinden.

Für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die privatrechtliche Arbeitsverträge haben, gelten die Ergebnisse der Tarifverhandlungen unmittelbar. Sollen die Ergebnisse auch Auswirkungen auf die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten haben, muss der Bundestag ein Erhöhungsgesetz beschließen, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

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