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Wirtschaft: Dax über 6000 Punkten

Der gesunkene Ölpreis und die Übernahmewelle treiben den Leitindex nach oben

Berlin - Die robuste Konjunktur in Deutschland, der fallende Ölpreis sowie gute Vorgaben von den Börsen in Übersee haben den Dax am Mittwoch erstmals seit Mai wieder über die Marke von 6000 Punkten getrieben. Die Freude über die genommene Hürde währte zwar nur kurz, weil der Dax wieder zurückfiel und zum Börsenschluss bei 5989 Punkten notierte – ein Tagesplus von 0,5 Proeznt. Dennoch sehen viele Experten in den nächsten Monaten gute Chancen für den deutschen Aktienmarkt.

„Die Jahresendrally hat bereits begonnen“, sagte Wolfgang Albrecht, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg, dem Tagesspiegel. „Die Stürme, die normalerweise im September kommen, kamen diesmal schon im Mai“, sagte er mit Blick auf den Einbruch, den der deutsche Aktienmarkt im Frühjahr erlitten hatte. Der September gilt traditionell als schlechter Börsenmonat. Diesmal scheint sich diese Regel umzukehren. „Wir werden noch in dieser Woche die 6000 sehen“, sagte Albrecht. Bis zum Jahresende erwartet er sogar einen Indexstand von 6300 Punkten.

Viele Marktteilnehmer lassen sich vom bevorstehenden letzten Quartal beflügeln. Seit dem Start des Dax im Jahr 1988 gewann das deutsche Börsenbarometer von Anfang Oktober bis Ende Dezember durchschnittlich fast zehn Prozent an Wert.

Aber auch die fundamentalen Voraussetzungen sind gut. „Wir haben momentan die beste aller Welten“, sagte Albrecht. Steigende Unternehmensgewinne gingen mit sinkenden Ölpreisen einher. Und zumindest in den USA zeichne sich ein Ende der steigenden Zinsen ab. „Die Wall Street ist nah dran an ihrem Allzeithoch“, sagte Albrecht. Wenn sie es erreicht, werde das den deutschen Markt noch einmal zusätzlich beflügeln. Der Dow-Jones-Index in den USA startete am Mittwoch ebenfalls mit einem Plus in den Handel und notierte nur noch wenige Punkte unter seinem Höchststand aus dem Jahr 2000. „Die Wall Street verleiht dem Dax Schwung“, meinte auch Stefan Chmielewski vom Börsenhändler Lang & Schwarz. Er glaubt, dass auch die vielen gelungenen und geplanten Firmenübernahmen die Kursfantasie der Anleger beflügeln – etwa die von Schering durch Bayer oder von Scania durch MAN – . „Es ist noch viel Liquidität im Markt“, sagte der Händler. Investmentfonds suchen derzeit noch nach Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital. Selbst wenn es in den nächsten Monaten noch eine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) gebe, werde das die Märkte kaum beeinflussen, sagte Chmielewski.

Ein wichtiger Grund für die gute Laune an den Märkten sind die fallenden Rohstoffpreise – insbesondere beim Öl. Nach Angaben des ADAC sind die Preise für Benzin und Diesel auf den tiefsten Stand in diesem Jahr gesunken. Super kostete am Mittwoch im Bundesdurchschnitt 1,187 Euro, Diesel war für 1,049 Euro zu haben.

Doch nicht alle Experten teilen den Optimismus der Anleger. „Wir glauben, dass die Märkte kurzfristig noch weiter laufen, allerdings nicht mehr lange“, sagte Matthias Jörss, Chefstratege bei Sal. Oppenheim. Er sieht den Dax zum Jahresende bei 6000 Punkten – also etwa auf dem heutigen Niveau. Jörg Guido Kutz, Direktor beim Bankhaus Merck Finck in Berlin, rechnet ebenfalls nur mit 6000 bis 6150 Punkten. Die weltweite Terrorgefahr, ein Platzen der Immobilienblase in den USA und kurzfristig wieder anziehende Rohstoffpreise seien Risiken für die weitere Entwicklung.

Aktionärsschützer raten Kleinanlegern deshalb zur Vorsicht. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), rechnet damit, dass große institutionelle Anleger ihre Gewinne spätestens am Jahresende mitnehmen und den Dax nach unten drücken werden. „Die Leute sollten sich immer daran erinnern, was vor vier Jahren passiert ist“, sagte Tüngler. Auch Reinhild Keitel, Vorstand der Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger (SdK), warnte die Kleinanleger. Es sei typisch, dass diese erst dann zu Aktien greifen, wenn die Kurse bereits gestiegen sind.

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