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Verboten. Im Job können Gläubige in Konflikt geraten mit ihrer Religion, zum Beispiel wenn es um Alkohol geht.
© picture alliance / dpa

Arbeitsrecht: Der Chef und der Glaube

Muss ein muslimischer Texter für eine Alkoholfirma werben? Der Arbeitsrechtler Christoph Abeln erklärt, in welchem Fall er sich weigern kann.

Unser Leser fragt: Ich bin seit Jahren in einer Berliner Textagentur beschäftigt und es drohen mir nun Probleme wegen meiner Religionszugehörigkeit: Ich bin Moslem und mein Arbeitgeber will mich verpflichten, an einem Projekt für ein Alkoholunternehmen mitzuarbeiten. Doch das lässt sich für mich nicht mit meinem Glauben vereinbaren. Kann er mir kündigen, wenn ich mich weigere?

Der Arbeitsrechtler Christoph Abeln antwortet: Der Arbeitgeber besitzt grundsätzlich das so genannte Direktions- und Weisungsrecht. Mit diesem kann er Zeit, Ort und vor allem Inhalt der Arbeit seiner Angestellten weitgehend selbst bestimmen. Die Folge: Ein Arbeitnehmer muss im Regelfall die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen. Wer dies beharrlich verweigert, hat mit einer Kündigung zu rechnen. Der Grund: In diesen Fällen verletzt er in schwerer Weise seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.

Allerdings können im Einzelfall auch Rechte des Arbeitnehmers dem Weisungsrecht des Arbeitgebers entgegenstehen. Denkbar ist beispielsweise der Gleichberechtigungsgrundsatz aus Artikel drei des Grundgesetzes, wonach Arbeitnehmer nicht wegen ihrer religiösen Anschauung benachteiligt werden dürfen. Ebenso relevant: Die Religionsfreiheit, welche sich aus Artikel vier des Grundgesetzes ergibt.

Beruft sich ein Arbeitnehmer auf solche religiösen Gründe, müssen Arbeitgeber prüfen, ob nicht eine andere naheliegende Möglichkeit besteht, den Mitarbeiter zu beschäftigen. Ist dies der Fall, so kann der Arbeitnehmer verlangen, diese Aufgabe ausüben zu dürfen. Sollte dies allerdings nicht möglich sein, hat der Angestellte dem Weisungs- und Direktionsrecht seines Chefs in der Regel Folge zu leisten. Wichtig auch: Der Arbeitgeber muss genau wissen, welche Tätigkeiten der Mitarbeiter aufgrund seiner religiösen Einstellung nicht ausführen kann. Dies fordert das Bundesarbeitsgericht.

In der Praxis sind diese Fragen oft hochumstritten: Vor einigen Jahren wurde etwa ein muslimischer Mitarbeiter eines Warenhauses in Schleswig-Holstein fristlos gekündigt, da er das Einräumen von Flaschen ins Weinregal verweigerte. Nach über 15 Jahren im Unternehmen war er der Meinung, seine Religion verböte ihm nun den Umgang mit Alkohol. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht sahen die Kündigung als rechtmäßig an: Die Kündigung durch den Arbeitgeber sei gerechtfertigt. Der Angestellte könne sich nicht aus religiösen Gründen darauf berufen, seine Arbeitsaufgabe nicht weiter zu erfüllen, da er sich vertraglich zu der Aufgabe verpflichtet und diese jahrelang ausgeführt habe. Jedoch hob das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung der Vorinstanz auf (BAG vom 24.02.2011 - 2 AZR 636/09).

Christoph Abeln

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