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Ein Geheimnis macht Edeka um seinen Easy-Shopper. Fotos gibt die Einzelhandelskette nicht heraus. Hier ein klassisches Modell.

© Weihrauch/dpa

Innovation: Der Einkaufswagen denkt mit

Intelligente Schieber sollen Kunden zum Regal navigieren und das Bezahlen beschleunigen. Ein Supermarkt versucht sich an einem Pilotprojekt.

Von Laurin Meyer

Porta Westfalica - Volle Gänge und lange Schlangen an den Kassen – wer nach den Feiertagen im Supermarkt einkauft, kann dem Gedränge kaum entgehen. Das Edeka-Center im nordrhein-westfälischen Porta Westfalica hat ein Mittel gegen den Supermarkt-Kollaps: einen intelligenten Einkaufswagen. Hier können Kunden mit dem sogenannten Easy-Shopper die Regale entlang fahren. Dieser soll nicht nur beim Einkauf schneller durch die Gänge führen, sondern auch das Bezahlen beschleunigen.

Mit den klassischen Drahtschiebern hat der smarte Einkaufsroller nicht mehr allzu viel gemein. Statt über einen herkömmlichen Korb verfügt er nur noch über eine Ablagefläche für eigene Tragetaschen, am Handgriff prangt ein Tablet mit Touch-Bildschirm. Die größte Besonderheit hängt allerdings über der gesamten Konstruktion. In einer länglichen Stange verbirgt sich die benötigte Technik wie etwa ein Ortungsgerät, an dessen Halterung ist ein Scanner befestigt. Mit diesem müssen Kunden ihre Einkäufe zunächst selbst einscannen. Das Tablet am Wagen zeigt stets die bereits verbuchten Produkte und den aktuellen Preis an.

Der Vorteil: Zwar bleibt einem mit dem Easy-Shopper der Gang an die Kasse nicht erspart. Der Einkauf muss wie sonst bezahlt werden. Die Artikel dürfen jedoch im Wagen bleiben, schließlich hat der Kunde sie schon gescannt. Anhand der Wagennummer erkennen Mitarbeiter den Inhalt und Gesamtpreis des Einkaufs. Lästiges Anstehen ausgeschlossen.

Auch bei einem anderen Aufreger hilft der Wagen weiter: Lässt sich ein Produkt nicht finden, navigiert der Easy-Shopper seinen Fahrer kurzerhand zum richtigen Regal. Dieser muss dazu nur den gesuchten Artikel auf dem integrierten Tablet eingeben, das Display zeigt dem Kunden dann die richtige Richtung samt metergenauer Entfernung. Wer sich vorher eine App herunterlädt, kann schon Zuhause eine digitale Einkaufsliste erstellen und im Supermarkt auf den Wagen übertragen. Dieser notiert dann nicht nur, welche Einkäufe noch fehlen. Er zeigt auch an, wo die Produkte zu finden sind.

Auf die Gutmütigkeit des Kunden vertraut der Supermarkt aber nicht. Wer nämlich versucht, den Wagen mit einem ungescannten Produkt auszutricksen, wird von einem Mitarbeiter gestoppt. Auf der Ablagefläche sind Waagen verbaut, die jede Gewichtsveränderung bemerken. Erhöht sich das Gewicht dauerhaft, ohne dass auch der digitale Warenkorb mitwächst, bekommt der nächste Mitarbeiter eine Benachrichtigung. Die Waagen sollen so feinfühlig sein, dass selbst die leichtesten Produkte registriert werden, versichert der Hersteller.

Um den Einkaufswagen überhaupt zu starten, müssen Kunden aber zwangsläufig eine App herunterladen oder ihre Kundenkarte, die Deutschlandcard, einscannen. Bei Datenschützern dürfte das auf wenig Begeisterung stoßen. Schließlich sammelt Edeka damit wertvolle Informationen über das Einkaufsverhalten seiner Kunden. Die Einzelhandelskette kann so noch einfacher personalisierte Werbung verschicken. App-Nutzer bekommen sogar eigens zugeschnittene Angebote per Push-Nachricht aufs Smartphone, vorausgesetzt, sie stimmen dem zu.

Der Edeka-Markt in Porta Westfalica wirbt jedenfalls kräftig mit seinem smarten Gefährt, von denen eine zweistellige Zahl im Einsatz ist. Wer den Wagen nutzt, bekommt Sonderangebote, Mitarbeiter helfen bei der Einweisung. Bislang aber sei der Easy-Shopper nur ein Pilot, an dem sich noch vieles verändern werde, heißt es von Edeka. Mehr dazu will die Einzelhandelskette erst im Frühjahr verraten. Entwickelt haben den intelligenten Einkaufswagen die Mitarbeiter der Software-Firma „Pentland Firth“ in München. Sie sind nicht die einzigen, die sogenannte Smart Carts basteln. Das Deutsche Forschungszentrum für künstliche Intelligenz (DFKI) plant eine ähnliche Revolution der Supermarkt-Roller – mit Scanner und Navigationssystem.

Handelsexperten sind überzeugt, dass sich aus den Schiebern noch einiges herausholen lässt. „Der konventionelle Einkaufswagen hat eine Menge Innovationspotential“, sagt Martin Zieger von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. So wäre denkbar, dass Produkte künftig gar nicht mehr gescannt werden müssten. Stattdessen registriert ein Chip am Produkt, wenn der Kunde es in den Wagen legt. Und auch die herkömmliche Kasse könnte langfristig abgelöst werden. Über mobile Zahlungsdienste ließe sich der Einkauf direkt am Smart Cart per Smartphone bezahlen. Und obwohl das alles technisch schon möglich ist, sind die Ideen in der Praxis noch längst nicht angekommen. „Bei den oft geringen Margen wird nur das umgesetzt, was unter Kosten-Nutzen-Aspekten sinnvoll erscheint“, sagt Zieger. Mögliche Vorteile seien nicht groß genug, damit sich die notwendigen Investitionen lohnen würden.

Zieger bezweifelt, dass sich die Smart Carts durchsetzen werden. Er vermutet, dass Kunden bald nur noch in einem gänzlich virtuellen Supermarkt einkaufen könnten: Die Bestellungen machen sie online, die Ware bringt der Lieferdienst.

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