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Tim Cook (links) und Steve Jobs: Der COO steht seit Jahren in täglichen Kontakt mit seinem Chef.

© Reuters

Apple: Der Mann hinter Steve Jobs

Kaum ein Konzern ist so stark auf seinen Chef fixiert wie Apple. Nun ist Steve Jobs schwer erkrankt - in nächster Zeit muss es also auch ohne den umtriebigen Chef gehen. Die Führung übernimmt übergangsweise Jobs Vertrauter Tim Cook.

Wer ist Tim Cook? Eine Frage, die Apple-Aktionäre und viele Millionen Fans der Kultmarke seit Montag tief bewegt. Dem 50-jährigen Amerikaner hat Vorstandschef Steve Jobs die Geschäfte übertragen. Übergangsweise, wie Jobs mitteilen ließ. Wie lange der charismatische Firmengründer fehlen wird, ist derzeit völlig offen. Doch es gibt für die Apple-Aktionäre auch eine beruhigende Nachricht: Cook ist ein erfahrener Manager und vertritt seinen langjährigen Mentor Jobs nicht zum ersten Mal.

Schon 2004 musste der Sohn eines Werftarbeiters aus Alabama für zwei Monate einspringen. Damals fiel der Apple-Gründer wegen einer Krebsbehandlung aus. Vor zwei Jahren schließlich fehlte Jobs wegen einer Lebertransplantation mehrere Monate. Jetzt verursache, wie bei vielen anderen Patienten mit einer Spenderleber, das Immunsystem Schwankungen in Jobs Gesundheitszustand, schrieb die "New York Times" unter Berufung auf eine informierte Person. Zum dritten Mal übernimmt Cook das Ruder.

Erneut steht der als Arbeitstier bekannte Manager ganz oben auf der Kommandobrücke der begehrtesten Marke der Welt. Seit Jahren gilt Cook als Vorstandschef im Wartestand. Öfter war er im Gespräch für die Führungsspitze großer IT-Konzerne, zuletzt von Hewlett-Packard. Immer hat er abgelehnt.

Erfolgreicher Feuerwehrmann
An Cooks Qualifikation besteht kein Zweifel. Der Frühaufsteher ist seit 1998 bei Apple, zuvor war er lange Jahre bei IBM und schließlich ein paar Monate beim PC-Produzenten Compaq, ehe Jobs ihn anheuerte. Sein Salär spiegelt den Erfolg von Apple wider: 59 Millionen Dollar im Jahr waren es zuletzt. Selbst für US-Topmanager ist das eine Menge.

Dass Jobs Cook jetzt wieder mit der Führung seiner Firma betraut hat, liegt wohl am letzten, außerordentlich erfolgreichen Feuerwehreinsatz. Als Cook 2009 für ein halbes Jahr die Rolle des Vorstandschefs übernahm, trübte keine Delle seine Erfolgsbilanz. Analysten loben ihn: "Tim Cook hat einen guten Job gemacht. Er genießt eine Menge Respekt, intern bei Apple und extern, hat er doch bewiesen, dass er in der Lage ist, das Unternehmen gut zu führen", sagt Carolina Milanesi von der Gartner Group.

Als Vorstand, der sich um das Tagesgeschäft kümmert, ist Cook seit Jahren in täglichem Kontakt mit Jobs. Die Apple-Macher vertrauen sich. "Manche bei Apple", scherzt ein Analyst aus dem Silicon Valley, "können die beiden auf dem Campus schon gar nicht mehr auseinander halten."

Als Cook vor 13 Jahren zu Apple wechselte, hat er erst einmal die Werke des Konzerns geschlossen. Seither setzt die Marke voll auf Auftragsfertiger. Gleichzeitig ließ er die Lagerbestände von Monaten auf Tage schmelzen. Das half Apple, keine Ladenhüter als Altlasten herumliegen zu haben.

"Ich bin sehr zuversichtlich, dass Tim und die ganze Führungsmannschaft gute Arbeit leisten werden und alles umsetzen werden, was wir uns für 2011 vorgenommen haben", ließ der 55-jährige Jobs mitteilen. Maßgebliche strategische Entscheidungen werde Jobs aber weiterhin mitbestimmen.

In den zurückliegenden zehn Jahren hat Apple unter der Führung von Jobs äußerst erfolgreiche Produkte wie den Musikspieler iPod und das Smartphone iPhone entwickelt. Er brachte auch den Tablet-PC iPad in die Läden und ist Vater des MacBook Air, eines dünnen und handlichen Notebooks. Mit seinen Rechnern treibt der Unternehmer seit Jahren den Rest der Branche vor sich her.

In der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt
Trotz seiner herausgehobenen Position ist Cook in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt. Apple versucht, jeden Personenkult jenseits des großen Meisters zu verhindern. Interviews mit Führungskräften sind selten, und Fragen werden nur zu Produkten und zur Strategie zugelassen. Seine erste Bewährungsprobe als Interimschef hat Cook schon am Dienstagabend. Nach Börsenschluss an der Wall Street wird er die Apple-Quartalszahlen veröffentlichen. Außerdem erwarten Beobachter in den nächsten Wochen die zweite Generation des Tablet-Computers iPad.

Demnächst kommt zudem eine neue iPad-Zeitung aus dem Haus des Medienunternehmers Rupert Murdoch. Das "The Daily" genannte Vorhaben sollten, so die Spekulationen, Murdoch und Jobs am 19. Januar in San Francisco vorstellen. Die Präsentation wurde jedoch um einige Wochen verschoben.

Jobs hatte Apple mit zwei Partnern 1976 gegründet. 1985 verließ er die Firma im Streit - um zwölf Jahre später zurückzukehren. Damals stand die Marke mit dem Apfel-Logo, wie Jobs später einmal bekannte, kurz vor dem Bankrott. Doch mit Jobs? Rückkehr begann ein Siegeszug, wie ihn in der IT-Branche keiner erwartet hatte. Denn lange Zeit waren die Rechner von Apple nur in Nischen verbreitet, etwa unter Designern. Mit einem Börsenwert von 320 Milliarden Dollar ist Apple inzwischen aber teurer als US-Industrie-Ikonen wie General Electric. Nur der Ölkonzern Exxon bringt noch mehr Gewicht auf die Waage.

Analysten kritisieren jedoch, dass Jobs bis jetzt keinen Nachfolger benannt hat. Auch gestern sorgte die Apple-Mitteilung für Unmut. "Das kommt alles ziemlich überraschend, es gab keine Anzeichen für neue Schwierigkeiten", sagte Alexander Peterc von Exane BNP Paribas in London der Agentur Bloomberg. Er gehe davon aus, dass Jobs über längere Zeit fehlen werde. Anfang Januar 2011 hatte der US Central Laborers Pension Fund-Pensionsfonds aus Jacksonville, Illinois, einen Antrag für die kommende Hauptversammlung eingebracht, die Apple verpflichten soll, einen Plan für die Suche eines Nachfolgers für Jobs vorzulegen. Im Detail sieht die "Proposal No. 5" die Entwicklung von Kriterien für einen Apple-CEO vor sowie die Identifizierung interner und externer Kandidaten. Daneben wird eine "Nachfolgeregelung ohne Notfall-Vorgehen" gefordert, die drei Jahre vor einem planmäßigen Übergang in Kraft treten soll.

Jobs selbst versuchte in der Mail, seine Mitarbeiter zu beruhigen: "Ich liebe Apple und hoffe, dass ich bald zurückkehren werde."

Quelle: (c) Handelsblatt, Mitarbeit: Axel Postinett

Joachim Hofer

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