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Wirtschaft: Der Markt feiert SAP und sich selbst

Von Henrik Mortsiefer Wer ist eigentlich „der Markt“? Als SAP am Donnerstag seine vorläufigen Geschäftsergebnisse für 2002 veröffentlichte, da war wieder von ihm die Rede.

Von Henrik Mortsiefer

Wer ist eigentlich „der Markt“? Als SAP am Donnerstag seine vorläufigen Geschäftsergebnisse für 2002 veröffentlichte, da war wieder von ihm die Rede. Gemeint waren mit dem „Markt“ die Analysten und Investoren, die schlechtere Nachrichten von dem Softwarekonzern erwartet hatten und die sich, als es anders kam, positiv überrascht zeigten. Das Ergebnis war auf dem Kurszettel abzulesen: Die SAPAktie stieg kräftig – gegen den Markttrend.

In der Tat sind die Zahlen nicht schlecht. Trotz Investitionsstau und Konjunkturflaute ist SAP 2002 als einer der wenigen Anbieter von betriebswirtschaftlicher Software gewachsen und hat sein Gewinnziel erreicht. Das Kostenmanagement wirkt und SAP kann seinen Konkurrenten mit der Software mySAP.com Marktanteile abnehmen. Doch der Jubel, der sich angesichts der Ergebnisse ausbreitete, ist übertrieben. SAP bewegt sich wie alle in der Branche auf dünnem Eis. Die Anzeichen für eine Belebung der Software-Nachfrage sind vage, die Margen bleiben mager und die Lizenzerlöse sinken – wenn auch nicht mehr so stark. Im Vergleich zu seinen Wettbewerbern hat SAP aber noch ein hausgemachtes Problem: Die Umsatzrendite, also der Anteil an den Erlösen, der als Gewinn übrig bleibt, ist zu gering. Oracle oder Microsoft kassieren insgesamt deutlich mehr und dürften damit mehr Luft als SAP haben, wenn die Technologie-Flaute anhält.

Das alles weiß „der Markt“. Und trotzdem wurde SAP am Donnerstag an der Börse überschwänglich gefeiert. Warum? Die Erwartungen der Analysten waren vorher so weit – in Einzelfällen geradezu fahrlässig weit – nach unten geschraubt worden, dass selbst ein passables SAP-Ergebnis nun zur Sensation hochstilisiert werden konnte. Das belebt das Geschäft – nicht des Softwarekonzerns, sondern der Broker. Verständlich, dass alle auf den Aufschwung warten und positive Nachrichten hervorheben. Nur den Boden sollten die Analysten unter den Füßen behalten. Sonst feiert sich der Markt nur selbst – und nicht den Aufschwung.

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