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Wirtschaft: Der Software-Riese soll in mehrere Firmen aufgespalten werden

Ein neues Kapitel im Kartellstreit zwischen dem Unternehmen und der US-Regierungruk/pf Die amerikanische Regierung verlangt, dass Microsoft in zwei oder drei getrennte Firmen aufgespalten wird. Diese Meldung machte am Mittwoch in den Vereinigten Staaten die Runde.

Ein neues Kapitel im Kartellstreit zwischen dem Unternehmen und der US-Regierungruk/pf

Die amerikanische Regierung verlangt, dass Microsoft in zwei oder drei getrennte Firmen aufgespalten wird. Diese Meldung machte am Mittwoch in den Vereinigten Staaten die Runde. Ausgelöst wurde die Diskussion durch einen Artikel in "USA today", der sich auf ungenannte Insiderquellen beruft und behauptetet, dass US-Justizministerium und die mit ihm im Kartellverfahren gegen Microsoft verbündeten Generalstaatsanwälte von 19 US-Bundesstaaten würden mit einer solchen Forderung die in Chicago stattfindenden Vergleichsgespräche wiederaufnehmen.

Eine Sprecherin des Justizministerium, Gina Talamona, reagierte im Lauf des Mittwoch auf die sich rasch verbreitende Nachricht und erklärte, die Story sei in mehrfacher Hinsicht nicht akkurat. Sie gebe so nicht die Sicht des Ministerium wieder. Talamona ging jedoch nicht soweit, grundsätzlich zu verneinen, dass die Anwälte der anklagenden Regierungsseite einen Vorschlag erarbeitet haben, in dem von einer Aufspaltung von Microsoft die Rede war. Damit wurde letztlich der Trend der Verhandlungen bestätigt.

Bisher hatten sich die beiden Parteien, die Regierungsanwälte und die Anwälte von Microsoft noch nicht gemeinsam getroffen. Die diese Woche wieder aufgenomme Vergleichsverhandlung unter der Leitung des als Vermittler bestellten Vorsitzenden Bundesrichters am Berufungsgericht in Chicago, Richard Posner, haben bisher nur in jeweiligen Einzelgesprächen mit einer Partei stattgefunden und scheinen schwierig zu sein. Microsoft seinerseits lehnte es ab, zu der Nachricht von möglichen Aufspaltungsplänen der Regierung im Detail Stellung zu nehmen. "Wir können nicht darüber spekulieren, was die Regierung möglicherweise plant", erklärte dazu Microsoftsprecher Jim Cullinan. Microsoft sei vielmehr der Ansicht, dass es völlig unangemessen und kontraproduktiv sei, in diesem Stadium der nicht öffentlichen Vergleichsverhandlungen zu spekulieren.

Am bisherigen Stand der verhärteten Fronten zwischen beiden Parteien hat sich nichts geändert. Es ist nach diesen Hinweisen mit harten Forderungen durch die anklagenden Regierungsanwälte zu rechnen und ebenso sicher mit einer Zurückweisung des Gedankens der Aufspaltung durch Microsoft, wenn beide Parteien am 22. Februar wieder im Verhandlungssaal von Richter Thomas Penfield Jackson in der Washington erscheinen müssen.

Microsoft bezeichnete angesichts der jüngsten Marktentwicklung durch die geplante Fusion von AOL und Time Warner eine mögliche Aufsplittung als "ironisch". Nach Ansicht von Rechtsprofessor Bill Kovacic von der George Washington Law School habe diese Fusion in der Tat die Situation für Microsoft verbessert. Er belegte, dass sich die Stellung von Microsoft am Markt verändert habe und damit andere Lösungen ins Auge gefasst werden können als bisher.

In den letzten Wochen gab es in den USA eine Reihe von wohlwollenden Hinweisen, die in einer freiwilligen Aufspaltung von Microsoft eher einen positiven Schritt zur Vermehrung möglicher Gewinne und einen weiteren Ausbau der Marktmacht sehen.

Einen Hinweis auf eine mögliche Aufteilung ergibt die im Geschäftsjahr 1999 (30.6) veröffentliche Finanzstruktur. Dort hat die für die Betriebssysteme zuständige Plattform-Gruppe einen Umsatz von 8,5 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Der Geschäftsbereich Anwendungssoftware, zu dem das Flaggschiffprodukt Office gehört, brachte 8,82 Milliarden Dollar in die Kassen des Softwarehauses. Nur die für Verbraucherprodukte und das Internet zuständige Gruppe zeigte sich mit einem Umsatz von 2,43 Milliarden Dollar als bekannt schwach und ausbaubedürftig. Etliche Analysten sind der Auffassung, dass eine Aufspaltung in kleinere und flexiblere Gesellschaften Microsoft Vorteile bringen könnte.

Bereits im Dezember hatte sich herauskristallisiert, dass der Kläger Microsoft aufbrechen will. Damals beauftragte die US-Regierung das Wall-Street-Haus Greenhill & Co mit der Beratung über das "gesamte Spektrum potentieller Abhilfen". In einem Zwischenentscheid am 5. November hatte Richter Jackson Microsoft "kunkurrenzvernichtende Methoden" vorgeworfen. Das verlange energische Abhilfen, sagten Beamte des Justizministeriums.

Auch Microsoft verfolgt einen harten Kurs. Medienberichten zufolge argumentiert die Firma, dass sie nicht gegen das Kartellrecht verstossen habe und in der Softwarebranche ein harter Wettbewerb herrsche. Ein Microsoft-Sprecher wies die Forderung nach einer Aufspaltung des Unternehmens am Mittwoch abend zurück und verwies auf die "Ironie" dieses Verlangens ausgerechnet zu einer Zeit, da sich Time Warner und America Online in der größten Fusion, die es je gegeben hat, zusammenschliessen wollen. "Der Begriff des Aufbrechens von Microsoft ist ein extremes und radikales Verlangen, das sich in keiner Weise rechtfertigen lässt und das der Realität unserer auf Wettbewerb eingestellten Branche nicht Rechnung trägt", sagte der Sprecher.

ruk, pf

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