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DHL startet neues Konzept mit weißen Stationen: Deutsche Paketdienstleister wollen Zahl der Automaten kräftig erhöhen
Der Wettbewerbsdruck in der Paketbranche steigt. Vor allem aus Kostengründen setzen DPD, GLS und Hermes verstärkt auf Automatenzustellung. Die DHL hat hierzu eine neue Tochter gegründet.
Stand:
Deutschlands Verbraucherinnen und Verbraucher können sich darauf einstellen, ihre Pakete in den kommenden Jahren an deutlich mehr Automaten abholen zu können als bislang.
Marktführer DHL kündigte an, die Anzahl seiner Abhol- und Abgabe-Stationen bis 2030 von derzeit 15.000 auf 30.000 zu verdoppeln. Die Konkurrenten GLS und DPD wollen 3000 gemeinsame Stationen bis 2027 betreiben, derzeit sind es etwa 100.
Der österreichische Anbieter myflexbox, dessen Stationen mehrere Paketfirmen nutzen, möchte in Deutschland von aktuell 460 auf mindestens 5000 im Jahr 2030 kommen.
DHL setzt auf unterschiedliche Arten von Automaten, die an Supermärkten, Bahnhöfen, Tankstellen oder auf öffentlichen Plätzen stehen.
Derzeit hat die Firma 14.200 „Packstationen“ für Pakete und 800 „Poststationen“, in denen Verbraucher mit QR-Codes Pakete abgeben und abholen sowie Briefmarken kaufen können, außerdem gibt es eine Videoberatung.
Hinzu kommen bald Stationen von einer DHL-Tochter namens DeinFach, die ähnlich wie myflexbox nur die Infrastruktur zur Verfügung stellt und selbst keine Pakete verschickt.
Nicht nur Boten von DHL sollen Pakete hineinlegen und herausholen, sondern auch Zusteller anderer Paketfirmen sowie Einzelhändler, die Ware in den Fächern zwischenlagern, bis der Kunde sie abholt. DeinFach soll Ende Januar die ersten 60 weißen Automaten in Betrieb nehmen, bis Jahresende soll es eine vierstellige Zahl sein.

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„Unser Automaten-Netz wird dichter - im Schnitt wird die Wegstrecke, die Verbraucherinnen und Verbraucher bis zum Paket haben, immer kürzer“, sagt DHL-Vorständin Nikola Hagleitner. „Die Stationen sind leicht zu bedienen und rund um die Uhr verfügbar - für die Kundschaft ist das ein großer Vorteil.“
Kunde entscheidet weiter über Art der Zustellung
DHL setzt auch aus Kostengründen auf die Automaten - für den Logistiker ist es günstiger, mehrere Pakete an einer Station abzugeben als bei jedem Haushalt einzeln. „Natürlich hat ein Paket bei einer Packstationszustellung weniger Kosten“, sagt Hagleitner.
Zugleich betont sie, dass man dem Kunden ein Angebot mache und der dann auswählen könne, ob er eine Haustür-Zustellung oder eine Abgabe an einem sicheren Ort, in der Filiale oder beim Automaten haben wolle. „Das entscheidet natürlich der Kunde.“ Die Automaten-Nutzung werde in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft immer beliebter.
Wettbewerbsdruck in der Paketbranche steigt
Mit dem Ausbautempo setzt DHL seine Konkurrenten unter Druck. DPD, GLS und Hermes hatten sich im vergangenen Jahrzehnt an gemeinsamen Stationen versucht, doch das Vorhaben wurde nach einigen Jahren eingestellt. Nun nehmen DPD und GLS in einer Kooperation einen neuen Anlauf, Hermes bleibt vorerst außen vor.
Da der Verkehr zunehmend aus den Innenstädten herausgehalten werden soll, wird die klassische Haustür-Zustellung zur Nische werden.
Michael Knaupe, Manager DPD
„Wir sehen ein starkes Wachstum im ‚Out of Home-Segment‘“, sagt DPD-Manager Michael Knaupe und meint damit Automaten und Paketshops. „Die Menschen wollen nicht mehr darauf warten müssen, bis der Paketbote irgendwann an ihrer Tür klingelt, sondern sie wollen flexibel sein und sich das Paket selbst holen.“
Eine Herausforderung sei die deutsche Bürokratie. „In Polen und Estland darf jeder ruckzuck Automaten aufstellen, in Deutschland hingegen muss man bei den Behörden diverse Anträge stellen. Bis die genehmigt sind, dauert es.“ In Ost- und Nordeuropa gebe es viel mehr Automaten, in einigen Staaten gebe es schon gar keine Haustür-Zustellung mehr.
Knaupe ist sicher, dass Abholung oder Abgabe von Retouren am Automaten oder in einem Shop auch in Deutschland zu Selbstverständlichkeit wird. „Da der Verkehr zunehmend aus den Innenstädten herausgehalten werden soll, wird die klassische Haustür-Zustellung zur Nische werden.“ Schon heute gibt es Teile von Innenstädten, die für Paketdienste gesperrt sind.
Auch die Salzburger Firma myflexbox mischt kräftig mit. Vor einem Jahr hatte sie in Deutschland 135 Automaten, inzwischen sind es 460. Zum Jahresende sollen es 1000 sein. Bei myflexbox zahlen Paketfirmen dafür, dass sie ihre Sendungen in den Automatenfächern zwischenparken - in Deutschland machen GLS, DPD, FedEx und UPS mit.
Wird es angesichts der ambitionierten Ausbaupläne der Branche nicht allmählich etwas voll an den Straßen, Plätzen und Bahnhöfen? Keineswegs, sagt myflexbox-Chef Lukas Wieser. Er rechnet in Deutschland mit einem Bedarf von mindestens 100.000 Paketstationen. Dabei verweist er auf Polen: Dort gebe es schon jetzt mehr als 40.000 Automaten, Tendenz steigend. (dpa)
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