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EZB-Präsident Mario Draghi wird sein Amt bald an Christine Lagarde übergeben.

© AFP

Strafzinsen und Anleihekäufe: Die EZB entzaubert sich selbst

EZB-Chef Mario Draghi erhöht die Strafzinsen für Banken und kauft wieder Anleihen. Das bringt wenig, ist aber teuer. Vor allem für die Sparer. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Wäre Mario Draghi ein Zauberer, wäre das sein letzter Trick. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag erneut gezeigt, wozu er als Geldpolitiker fähig ist. Das Ergebnis: Banken zahlen künftig noch höhere Strafzinsen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Auch in den Kauf von Anleihen steigt die Zentralbank ab November wieder ein. Das soll der lahmenden Wirtschaft in der Eurozone auf die Sprünge helfen.

Dabei sind die Nebenwirkungen schon jetzt enorm. Die Zinsen für Sparer sind nahezu gestrichen. Die Gebühren fürs Bankkonto steigen. War das Sparen einst eine Tugend, wird es nun schon jahrelang nicht mehr ausreichend belohnt. Die Angst, dass nun auch Kleinsparer Strafzinsen zahlen müssen, ist da. Und führenden Politikern in Deutschland fallen dafür kaum Gegenmaßnahmen ein. Man müsse den Banken verbieten, Strafzinsen zu verlangen, schlug der CSU-Vorsitzende Markus Söder kürzlich vor. Er erntete Spott und Hohn dafür – so unausgereift war sein Vorschlag.

Sparer leiden in jedem Fall

Denn selbst ein Verbot von Strafzinsen für Sparer mit 100000 Euro oder weniger auf dem Konto würde sie kaum schützen. Zum einen können die Banken schlicht die Gebühren fürs Konto erhöhen und so den Sparer treffen. Zudem belastet Draghis „Dracula-Politik“, wie das Handelsblatt sie bereits nennt, auch andere wichtige Großanleger: Lebensversicherer etwa, über die viele Deutsche Geld fürs Alter zur Seite legen. Aber auch die Kranken-, die Pflege- und die Rentenversicherung, auf die alle Bürger angewiesen sind. Ihr System funktioniert nur, weil sie Gelder der Versicherten anlegen und dafür Zinsen kassieren. Schon jetzt aber wissen die Lebensversicherer nicht mehr, wie sie die Summen aufbringen sollen, die sie ihren Kunden vor Jahren garantiert haben. Allein die Sozialversicherungsträger kostet die EZB-Politik 67 Millionen Euro – jedes Jahr.

Und wozu das Ganze? Wäre am Ende der Euro wenigstens sicher, die Wirtschaft stabil, wäre das ja noch hinnehmbar. Doch für Stabilität sorgt Draghis Vorgehen nicht – im Gegenteil. Er hofft, dass die Banken das Geld, das durch die Anleihekäufe in Umlauf kommt, als Kredite an Unternehmen weiterreichen.

Dabei können sich Firmen schon jetzt so günstig wie nie verschulden. In der Folge werden durch dieses billige Geld vor allem im Süden Europas jene Unternehmen am Leben gehalten, die unter normalen Umständen längst pleite wären. Von Zombie-Firmen ist bereits die Rede. Kein Wunder bei Draghis Horror-Politik.

Draghi macht den Job der Politik - schon wieder

Mindestens ebenso fatal ist, dass der EZB-Chef die Regierungen der Mitgliedstaaten damit wieder ein Stück weit aus ihrer Pflicht entlässt. Sie sind es, die angesichts der Rezessionsgefahr jetzt aktiv werden müssten. Die Konjunkturprogramme auflegen und die Firmen entlasten sollten. Das ist ihr Job – nicht der des EZB-Präsidenten. Er übernimmt ihn aber wie selbstverständlich, indem er Kredite noch günstiger macht, als sie ohnehin schon sind.

Wer nun ins Feld führt, dass Draghi doch ohnehin bald in Rente geht, der dürfte im Oktober herbe enttäuscht werden. Seine Nachfolgerin, die frühere IWF-Chefin Christine Lagarde, hat bereits in Aussicht gestellt, Draghis Weg der lockeren Geldpolitik zu folgen. Die Show ist vorbei, Draghis letzter Trick misslungen. Die EZB ist entzaubert.

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