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Wirtschaft: Die Ruhrkohle ist jetzt seine Partei

Ex-Wirtschaftsminister Werner Müller tritt seinen neuen Job an – als Vorstandsvorsitzender beim Kohle- und Chemiekonzern RAG

Werner Müller hat allen Grund zum Feiern: 57 Jahre ist er am Sonntag geworden. Und sein bestes Geschenkt ist der neue Arbeitsvertrag. Aber noch etwas ist wichtig: Werner Müller ist endlich seinen hässlichen Beinamen los, den er vier Jahre tapfer ertragen hat. Dass Müller nämlich „parteilos“ ist, interessiert ab heute niemanden mehr, nur sein neuer Titel ist von Bedeutung: Vorstandsvorsitzender der RAG, steht jetzt auf der Visitenkarte. Der ehemalige Bundeswirtschaftminister leitet seit dem 1. Juni einen Bergbau- und Chemiekonzern mit 27 Milliarden Euro Umsatz.

Müller ist wieder dort gelandet wo er seine berufliche Karriere begonnen hatte, in der Energiewirtschaft. Und weil er zwischenzeitlich in Berlin für eben diese Branche politisch zuständig war, legen seine Kritiker gleich die Finger in die Wunde. „Skandal“ und „stillos“ rufen sie ihm hinterher. Pikant ist der Wechsel in den Chefsessel der RAG vor allem deshalb, weil Müller als Wirtschaftsminister die umstrittene Ministererlaubnis zur Fusion von Eon und Ruhrgas unterschrieben hatte. Ausgerechnet Eon ist aber auch Mehrheitsaktionär bei seinem neuen Arbeitgeber RAG.

Ohnehin war Müllers Rückkehr in die Energiewirtschaft in der Branche eine Überraschung. Der Ex-Minister war zwar nach seiner Demission in Berlin für alle möglichen Spitzenjobs gehandelt worden. Das aber wohl mehr als reine Spekulation denn als ernsthafter Kandidat. Selbst als neuer Chef der RWE wurde Müller öffentlich ins Spiel gebracht. Und das zu einem Zeitpunkt, als intern längst eine Entscheidung gefallen war.

Sieben Jahre, bis 1980, war Müller bei RWE beschäftigt, später dann beim Eon-Vorgänger Veba. Doch während dort sein Kollege Ulrich Hartmann Karriere machte – und ihm künftig als Aufsichtsratsvorsitzender im Nacken sitzt – , zog Müller den Wechsel in die Politik vor. Herausragend gleich zu Beginn seiner Ministerkarriere war der Ausstieg aus der Kernenergie, den Müller im Auftrag des rot-grünen Regierungsbündnisses relativ geräuschlos über die Bühne brachte. Sonst hörte man nicht viel von ihm. Werner Müller drängt sich nicht nach vorn. Seine Stärke liegt eher darin, die Drehbücher zu schreiben. Spielen müssen andere. Ob das im neuen Job reichen wird?

Auf den ehemaligen Minister wartet eine schwierige Aufgabe: Die RAG muss weg von der Steinkohle, sonst überlebt sie nicht. Längst machen Chemie und Technik den Großteil des Geschäfts aus. Doch die Abwicklung des Restbergbaus in Deutschland verlangt Fingerspitzengefühl. Der mit 2,5 Milliarden Euro noch hoch subventionierte Bergbau steht an einer der ersten Stellen auf der Streichliste der Berliner Koalition. Und noch hängen davon 44 000 Arbeitsplätze ab. Müller gilt als Freund der Steinkohle. Vor allem deshalb hat er diesen Job bekommen. Jetzt kann er beweisen, ob er einen weiteren Ausstieg erfolgreich managen kann, den aus der Kohleförderung.

Dieter Fockenbrock

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