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Wirtschaft: DotTV: Im Kürzel liegt die Würze

Los Angeles. "Der Erfolg hat uns total überrannt.

Los Angeles. "Der Erfolg hat uns total überrannt. Die letzten drei Monate waren unbeschreiblich. Und wir sind schon sehr, sehr profitabel." Lou Kerner, Chef von DotTV, strahlt über das ganze Gesicht. Seit drei Monaten ist sein Geschäft erst online im Internet, und beinahe könnte man glauben, er hätte die Lizenz zum Gelddrucken gefunden. Auch wenn er keine genauen Zahlen nennen mag. DotTV verkauft einen Toplevel-Domain-Namen, exklusiv: .tv. Zwar werden in nächster Zeit die sieben Allgemein-Endungen wie .com, .org, .net von dem weltweiten Internetgremium ICANN um einige Suffixe erweitert werden. Aber das berührt Kerner wenig. Denn DotTV war einfach schneller und hat den Wirbel um die richtige Adresse im Netz zu einer Geschäftsidee umgewandelt.

"Das Ganze begann vor drei Jahren. Auf der Suche nach einem neuen Domain-Namen buchstabierte der kanadische Unternehmer James Chapwin das Alphabet durch und landete bei TV. Eine optimale Endung. In fast jeder Sprache sind diese beiden Buchstaben gebräuchlich für ein Medium, das in jeder Nation der Welt Bedeutung hat." Und er fand heraus, daß es tatsächlich eine Nation gibt, der diese Abkürzung zugeordnet ist: Tuvalu, eine kleine Inselgruppe im Pazifik. Chapnik trat in Verhandlungen mit der Regierung von Tuvalu, um das Recht der Vermarktung zu erwerben. Die wirtschaftlichen Segnungen des Internet hatten sich jedoch bis in den Pazifik herumgesprochen. Und so brauchte der Kanadier kapitalkräftigere Unterstützer für seinen Plan, .tv zu vermarkten. Er fand sie in Idealab, einem angesehenen Unternehmen aus Los Angeles.

Im November 1999 wurde dotTV gegründet, mit dem Ziel, der Welt eine Alternative zu .com zu bieten. "Die Zukunft des Internet liegt im Medienmix, jede Seite wird Video und Audio anbieten. Und wir haben den Namen dazu - DotTV. Es ist wie ein Filetgrundstück im Netz, alles was wir tun, ist das Schild "zu verkaufen" aufzustellen, und die Leute rennen uns die Bude ein." Lou Kerner, der seit Februar die Firma leitet, ist vom Erfolg begeistert. In Kürze will DotTV die 100 000er-Marke an Registrierungen überschritten haben. De facto profitiert die Firma von dem Boom im Netz, der dafür gesorgt hat, daß viele Namen im .com-Bereich bereits längst vergeben sind und nur teuer zurückgekauft werden können.

Höchstpreise von mehreren Millionen Dollar wurden bereits erzielt, die Spitze liegt derzeit bei 7,5 Millionen für Business.com. 20 Millionen Namen sind insgesamt in den bislang üblichen Domains registriert, so die Angaben der Registrierungsdatenbank der Firma Network Solutions. In den nächsten drei Jahren sollen sich die Webadressen verzehnfachen. DotTV bietet die Adresse für einen Grundpreis zwischen 100 und 1000 Dollar jährlicher Gebühr an, je nachdem, ob es ein Begriff aus dem Wörterbuch ist oder nicht. Fernsehsender erhalten spezielle Konditionen, denn sie sind besonders wichtig, um den Klang der Domain auch mit Leben zu füllen. Der Namensvorschlag steht eine Woche im Netz zur Auktion für jedermann, auf der Seite www.tv. Danach ist der Zuschlag erteilt. Das Hollywood-Studio Metro-Goldwyn-Mayer hat sich zum Beispiel sieben Namen gesichert, darunter 007.tv, JamesBond.tv und SexWars.tv. Über 200 Fernsehanstalten weltweit haben den TV-Domain-Namen ersteigert. In Deutschland gehören RTL und Viva zu den Kunden. Eines der höheren Gebote war bislang 100 000 Dollar für den Namen free.tv.

Und Tuvalu, die kleine Inselgruppe im Pazifik? So viel Korrektheit muss sein: Die Regierung von Tuvalu besitzt 20 Prozent der kalifornischen Firma und eine garantierte Einnahme von einer Million Dollar pro Quartal, so sicher sind sich die Betreiber des Start-Up-Unternehmens, dass sie dies sogar für zehn Jahre garantieren. Für die 10 000 Einwohner von Tuvalu ein Jackpot - bei einem Bruttoinlandsprodukt von sechs Millionen Dollar jährlich. "Für die Insel ist das ein ungeheurer Aufschwung. Sie haben dort mehrere Inseln erstmals mit Stromgeneratoren versorgt, Ärzte angestellt und werden jetzt die Aufnahme in die Vereinten Nationen beantragen", berichtet Kerner stolz.

Die Zukunft für DotTV scheint rosig, vor allem nach dem phänomenalen Start. Und weil nur Geld kassieren doch ein bißchen langweilig ist, gibt es große Pläne. Das Unternehmen will sich als die Adresse für alles Multimediale im Internet präsentieren. Wer sich mit TV schmückt, soll auch die Verheißung einhalten können, die das Wort ausstrahlt."

Dagmar Hovestadt

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