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Das Unkrautvernichtungsmittel Roundup steht in einem Ladenregal in den USA zum Verkauf.

© dpa/AP/Haven Daley

Update

Dritte Niederlage in Glyphosat-Prozess: US-Jury verurteilt Bayer zu Milliardenzahlung

Der Zukauf von Monsanto wird für Bayer immer brisanter. Der Konzern kassiert im Streit um angeblich krebserregende Produkte einen weiteren Schuldspruch.

Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer hat in den USA auch den dritten wichtigen Prozess um angeblich krebserregende Produkte der Tochter Monsanto verloren. Die Jury des zuständigen Gerichts im kalifornischen Oakland verurteilte das Unternehmen am Montag zu Schadenersatz in Höhe von insgesamt mehr als zwei Milliarden Dollar (1,78 Milliarden Euro) an die beiden Kläger. Geklagt hatte ein Rentnerehepaar, dass Monsantos Unkrautvernichtungsmittel Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat für seine Krebserkrankungen verantwortlich macht.

Der Aktienkurs setzte die Talfahrt der vergangenen Monate kurz nach dem Handelsstart am Dienstag fort. Die im Dax notierte Aktie sackte um bis zu fünf Prozent auf 53,65 Euro und damit den tiefsten Stand seit 2012 ab.

Der größte Teil der Zahlung entfällt auf den sogenannten Strafschadenersatz, wofür es im deutschen Recht keine Entsprechung gibt. Der eigentliche Schadenersatz liegt bei 55 Millionen Dollar. Die Geschworenen wollten offenbar ein deutliches Signal senden, auch wenn sie nicht davon ausgingen, dass der Strafschadensersatz in dieser Höhe Bestand haben wird, erklärte ein Börsenhändler. Der Klägeranwalt hatte eine Milliarde gefordert und dabei auf die mit Glpyhosat erzielten Gewinne verwiesen.

Im ersten Prozess hatte eine Jury Bayer vergangenen August zunächst zu 289 Millionen Dollar an Schmerzensgeld und Entschädigung verdonnert. Die Richterin reduzierte die Summe später zwar auf rund 78 Millionen Dollar, dem Aktienkurs half das aber wenig, verdeutlichte der Fall den Investoren doch die großen Risiken durch den Monsanto-Kauf. Im Ende März verlorenen zweiten Prozess steht eine ähnlich hohe Summe im Raum.

Damals wie heute betonte Bayer, die Urteile stünden in direktem Widerspruch zu vielen Studien zur Sicherheit von Glyphosat. Und in der Tat hatte die US-Umweltbehörde EPA den Unkrautvernichter Glyphosat erst Anfang Mai weiterhin als nicht krebserregend eingestuft.

Ob Roundup Krebs verursacht, bleibt umstritten

Ob der glyphosatbasierte Verkaufsschlager Roundup Krebs verursacht, bleibt indes umstritten. So fußt die Klagewelle in den USA im Grunde auf einer Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die den Unkrautvernichter 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen einstufte.

Die Klagerisiken unterschätzt zu haben, ist der größte Vorwurf, dem sich Bayer-Chef Baumann stellen muss. Auf der Hauptversammlung Ende April verweigerten ihm die Aktionäre sogar die Entlastung. Ein einmaliges Ereignis für einen amtierenden Chef eines Dax-Konzerns.

An der Börse bringt es der Konzern auf gerade einmal noch rund 50 Milliarden Euro Unternehmenswert. Zum Vergleich: Für Monsanto legten die Leverkusener 63 Milliarden Dollar oder zum aktuellen Wechselkurs rund 56 Milliarden Euro auf den Tisch.

Bayer-Chef Baumann betonte derweil unlängst, dass man angesichts der Kurseinbußen zwar nichts beschönigen dürfe, der Monsanto-Kauf auf lange Sicht aber dennoch der richtige Schritt gewesen sei. „Wir halten die Monsanto-Akquisition nach wie vor für werthaltig und strategisch richtig.“

Mit Blick auf den Fortgang der Prozesse setzt Baumann auf die nächsten Instanzen und die dort zuständigen Berufsrichter, nachdem die Geschworenen in den ersten Runden aus der normalen Bevölkerung kamen. Von den Berufsrichter erhofft sich Bayer größeres Augenmerk für die immer wieder zitierten Studien zur Sicherheit von Glyphosat und sachlichere Urteile. Die Berufungsverfahren können sich aber sehr lange hinziehen, im laufenden Jahr wird voraussichtlich keine Entscheidung mehr fallen.

Bis die Prozesse durch alle Instanzen gegangen sind, fließt seitens Bayer voraussichtlich auch erst einmal kein Geld. Allerdings dürfte der Druck nun zunehmen, sich mit Klägern zu vergleichen. (dpa)

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