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Wirtschaft: Ein Etappensieg für die Haffa-Brüder

Gutachter: Kursschwankungen der EM.TV-Aktien sind nicht unbedingt auf falsche Angaben des Vorstands zurückzuführen

München (nad). Im Betrugsprozess gegen die Gründer des Medienunternehmens EM.TV, Thomas und Florian Haffa, hat das Brüderpaar einen Etappensieg errungen. Dass die Haffas zu einer Haftstrafe verurteilt werden, ist nach den jüngsten Aussagen unwahrscheinlich geworden. Zuvor hatte das Münchener Landgericht einen neuen Gutachter gefunden und somit ein Scheitern des gesamten Verfahrens verhindert.

Der Münchener BetriebswirtschaftsProfessor Bernd Rudolph sagte am Montag vor dem Münchner Landgericht, dass kein direkter Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen von EM.TV im August 2000 und der Reaktion des Aktienkurses nachweisbar sei. „Ich kann nicht ausschließen, dass der Kurssturz der EM.TV-Aktie von zehn Prozent ein reines Zufallsergebnis ist und durch die allgemeine Hektik des Marktes verursacht wurde“, sagte er. Die Frage, ob die Haffas den Aktienkurs mit ihrer Pflichtmitteilung zu den Halbjahreszahlen im August bewusst manipuliert haben, ist in dem Prozess von zentraler Bedeutung.

Den Angeklagten droht nur dann eine Haftstrafe, wenn sie durch ihr Handeln nachweislich auf den Aktienkurs eingewirkt haben. Wird der direkte Zusammenhang nicht nachgewiesen, müsste das Gericht zu dem Schluss kommen, dass es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt. In diesem Fall müssten die Haffas nur eine Geldbuße befürchten. Sie könnte allerdings bis zu 1,5 Millionen Euro betragen. Die Haffa-Anwälte zeigten sich nach der Sitzung äußerst optimistisch. „Der Vorwurf des Kursbetrugs kann nach dieser Aussage nicht mehr aufrecht erhalten werden“, sagte der Verteidiger von Florian Haffa, Sven Thomas. Staatsanwalt Peter Noll räumte ein, es sehe „im Moment nicht danach aus, als wenn beim Vorwurf des Kursbetrugs ein Tatnachweis geführt werden könnte“. Richterin Huberta Knöringer kündigte an, sie wolle den Prozess noch im Februar beenden. Sie teilte außerdem mit, dass das Gericht einen neuen Sachverständigen gefunden habe, der in den kommenden beiden Wochen ein Gutachten erstellen werde. Es handele sich um den Münchener Betriebswirtschafts-Professor Wolfgang Ballwieser. Er soll prüfen, ob EM.TV bei der Gewinnprognose im August 2000 falsche Angaben gemacht hat. Anders als Rudolph soll er dabei die Frage beleuchten, ob das Medienunternehmen für die amerikanische Tochtergesellschaft Jim Henson Company zu positive Zahlen eingerechnet hat.

Das Gericht musste einen neuen Sachverständigen suchen, weil es einen ursprünglich als Gutachter berufenen Bilanzexperten im Januar wegen Befangenheit abgelehnt hatte. Dieser hatte sich vor seiner Aussage mit den Haffa-Anwälten getroffen. „Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, noch einen so kompetenten Gutachter zu finden und dass der Prozess nicht an dieser Klippe zerschellt ist“, sagte Staatsanwalt Noll. Ohne einen Ersatzgutachter hätte der Prozess neu aufgerollt werden müssen. Dies hätte erheblichen Aufwand für alle Beteiligten bedeutet: Bisher sind in dem Verfahren fast 20 Zeugen gehört worden, unter anderem auch Leo Kirch.

Bei EM.TV prüft unterdessen das Kartellamt, ob Kirch heimlich den Einstieg des Vorstandschefs Werner Klatten finanziert hat. Der insolvente Leo Kirch wollte sich vor zwei Jahren bei EM.TV engagieren, doch die Wettbewerbsbehörde äußerte damals Vorbehalte wegen einer Beteiligung von EM.TV an Kirchs größtem privaten Filmhandels-Konkurrenten Tele München.

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