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Wirtschaft: Eine Million Hotelbetten stehen leer

DÜSSELDORF .Nachdem es jahrelang nur Hiobsbotschaften zu vermelden gab, sehen die deutschen Hoteliers jetzt wieder einen Silberstreif am Horizont.

DÜSSELDORF .Nachdem es jahrelang nur Hiobsbotschaften zu vermelden gab, sehen die deutschen Hoteliers jetzt wieder einen Silberstreif am Horizont."Die Hotellerie scheint sich endlich in einem leichten Aufschwung zu befinden", erklärt Markus Luthe, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) gegenüber dem "Handelsblatt".

Grund für den vorsichtigen Optimismus sind die Ergebnisse der noch unveröffentlichten aktuellen Hotelmarktanalyse des Verbandes.Darin, so Luthe, zeichne sich erstmals seit Beginn dieses Jahrzehnts eine Entspannung ab.So nahm die Zahl der Übernachtungen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu.Auch die seit Jahren rückläufige Auslastung der Hotelbetten verzeichnete in diesem Zeitraum einen ganz leichten Anstieg: von 27,6 auf 27,8 Prozent.Und auch die Tatsache, daß zur gleichen Zeit die nominalen Umsätze nur noch um 0,3 Prozent zurückgingen, ist für die schwer gebeutelte Hotelbranche bereits ein Erfolg.

"Ein Grund für die Trendwende ist sicherlich auch die konjunkturelle Entspannung", kommentiert Luthe die Zahlen.Die wichtigere Ursache für den beginnenden Aufschwung ist aber ein grundlegender Strukturwandel in der Branche.Während immer mehr kleine inhabergeführte Betriebe schließen müssen, erleben die großen Hotelgesellschaften einen Boom.Es gebe deshalb, so die Dehoga-Analyse, eine Zweiteilung des Marktes mit so vielen Gewinnern wie Verlierern."Da findet ein klarer Verdrängungswettbewerb statt", hat Luthe beobachtet.Entfielen noch 1981 nur 46 Prozent aller Übernachtungen auf Hotels, suchten 1997 bereits 60,9 Prozent der Gäste ein Hotel und nicht einen Gasthof oder eine Pension auf.

Die großen Hotelketten aber können sich durch ihre Anbindung an internationale Reservierungssysteme und ihre intensiven Marketingaktivitäten ihren Markt selber schaffen.Dementsprechend bauwütig sind sie auch: Zwischen Mai 1997 und April 1998 wurden 80 neue Hotels mit zusammen fast 14 000 Betten in Deutschland gebaut.Zum Vergleich: Im Jahr davor wurden nur 48 neue Häuser errichtet.Dieser Anstieg, so die Dehoga, sei fast ausschließlich auf die Erfolge der Markenhotellerie zurückzuführen.

Dieser Bettenboom jedoch verschärft weiter das Problem der dramatischen Überkapazitäten im deutschen Hotelmarkt.Seit Mitte der achtziger Jahre steigt die Zahl der Hotelbetten ständig erheblich stärker als die Zahl der Übernachtungen.Den 173,1 Mill.Übernachtungen stand im vergangenen Jahr eine mehr als dreimal so große Kapazität an Betten gegenüber.Die Folge: "Im Beherbergungsgewerbe stehen Tag für Tag, oder besser Nacht für Nacht, eine Mill.Betten leer", bringt es Dehoga-Geschäftsführer Luthe auf den Punkt.

Und dieser Trend scheint noch lange nicht gebrochen.In den kommenden drei Jahren sollen nach Dehoga-Erhebungen 140 neue Hotels mit über 37 000 Betten gebaut werden.Einen Sondereffekt bildet dabei der Hotelmarkt in Berlin: Allein in der Hauptstadt befinden sich bis zum Jahr 2000 insgesamt 64 neue Hotelprojekte im Bau oder in der Planung.Werden sie alle tatsächlich realisiert, wird sich das Bettenangebot in Berlin um 16 000 Betten erhöhen.

Entsprechend greifen viele Besitzer von Einzelhotels nach jedem angebotenen Strohhalm.Als Rettungsanker sehen sie häufig Marketingkooperationen mit anderen Hotels.Als ein weiteres wichtiges Marketinginstrument für Einzelhotels sieht der Dehoga seine geplante bundesweit einheitliche Hotelklassifizierung, die im kommenden Monat der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll."Ohne eine solche einheitliche Klassifizierung mit Sternen ist es unmöglich", warnt Dehoga-Mann Luthe, "kleinere Häuser in die internationalen Reservierungssysteme einzubeziehen."

FLORIAN KOLF (HB)

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