Wirtschaft: Eon muss mit Widerstand aus Brüssel rechnen
Die Europäische Kommission wird die Übernahme der spanischen Endesa prüfen. Verbraucherschützer begrüßen das
Berlin - Die geplante Übernahme des spanischen Energieunternehmens Endesa durch den deutschen Konzern Eon stößt in der Politik auf Widerstand. „Die Europäische Kommission muss unbedingt intervenieren“, sagte die Energieexpertin der europäischen Grünen, Rebecca Harms, dem Tagesspiegel. Ähnliches forderten auch Verbraucherschützer und Wirtschaftsexperten. Kritik kam zudem von der spanischen Regierung. Die Europäische Kommission selbst kündigte an, die Übernahme zu prüfen.
Der größte deutsche Energiekonzern Eon hatte am Dienstag angekündigt, den spanischen Versorger Endesa zu übernehmen. Damit will das Unternehmen zur weltweiten Nummer eins im Gas- und Stromgeschäft aufsteigen. Der von Eon gebotene Kaufpreis beträgt 29,1 Milliarden Euro in bar, wobei das Unternehmen die eigentlichen Kosten der Übernahme inklusive Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit 55,2 Milliarden Euro angab. Die Börse begrüßte den geplanten Zukauf: Der Aktienkurs von Eon kletterte am Dienstag um rund 2,3 Prozent auf 95,63 Euro.
Seit Monaten kursierten bereits Gerüchte über mögliche Übernahmen in der Energiebranche. So ist die Eon-Kasse nach äußerst erfolgreichen Jahren prall gefüllt – und dieses Geld will angelegt werden. Unter anderem wegen der hohen Energiepreise ist der Konzernüberschuss nach Steuern im vergangenen Jahr um 70 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro gestiegen. Erst vor zwei Monaten war die Übernahme des britischen Versorgers Scottish Power gescheitert.
Nach eigenen Angaben strebt Eon nun die Komplettübernahme von Endesa an, mindestens jedoch einen Anteil von 50,01 Prozent. Je Endesa-Aktie wollen die Deutschen 27,50 Euro bezahlen. Dies entspricht einem Aufschlag von rund zwei Euro auf den Schlusskurs vom Montag. Der Markt spekuliert allerdings noch auf eine Erhöhung des Angebots: Am Dienstagnachmittag notierte die Endesa-Aktie bei 27,76 Euro.
Eon zufolge gab es im Vorfeld bereits Gespräche mit dem Endesa-Management, die in „positiver Atmosphäre“ stattgefunden hätten. Am Dienstagabend bezeichnete Endesa die Eon-Offerte als unangemessen. Das Angebot spiegele den tatsächlichen Wert Endesas nicht angemessen wider, hieß es nach einer Vorstandssitzung. Positiv sei jedoch, dass Eon in bar bezahlen und keine Endesa-Aktiva veräußern wolle. Vor wenigen Tagen hatte Endesa eine als feindlich eingestufte Offerte des spanischen Konkurrenten Gas Natural in Höhe von 22,5 Milliarden Euro abgelehnt. Eon könnte daher nun als „weißer Ritter“ einspringen.
Eon-Chef Wulf Bernotat versprach, dass Endesa als ganzes Unternehmen erhalten bleibe. Die spanische Regierung, die an Endesa eine „goldene Aktie“ und damit ein Veto-Recht hält, ließ dennoch erkennen, dass sie der Übernahme kritisch gegenübersteht.
Grünen-Politikerin Harms kritisierte, dass die Energieanbieter schon heute ihre Preise den Verbrauchern diktieren könnten. Mit steigender Marktmacht der Erzeuger werde dieses Problem eher noch zunehmen. Kritische Stimmen kamen auch von Verbraucherschützern. „Jetzt sieht man, wo die Gewinne der Konzerne hinfließen“, sagte Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Zusammenschlüsse und Marktkonzentration werden eher zu höheren Preisen führen“, warnte auch die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert. Erst vor wenigen Tagen hatte EU-Kommissarin Neelie Kroes einen Bericht vorgelegt, wonach der Wettbewerb auf den Energiemärkten sehr zu wünschen übrig lässt.
Zurückhaltender äußerte sich der Energieexperte der europäischen Sozialdemokraten, Norbert Glante. „Der grenzüberschreitende Energiehandel könnte durch die Übernahme sogar belebt werden“, sagte er. Eon selbst erwartet keine Einwände gegen die Übernahme. Zumindest von den nationalen Kartellbehörden ist Bernotat zufolge nichts zu befürchten, „weil es praktisch keine überlappenden Aktivitäten beider Unternehmen gibt“.