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Streik abgewendet: Erleichterung nach Tarifeinigung

Die 85.000 Stahlkocher in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bremen dürfen sich auf 3,5 Prozent mehr Lohn freuen. Am frühen Mittwochmorgen einigten sich Arbeitgeber und die Gewerkschaft IG Metall in Dortmund nach über achtstündigen Verhandlungen.

Dortmund/Essen (11.05.2005, 15:58 Uhr) - Nach der Tarifeinigung für die westdeutsche Stahlindustrie herrschte am Mittwoch Erleichterung über den in letzter Minute abgewendeten Streik. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages beträgt zwölf Monate. Daneben gibt es eine Einmalzahlung von 500 Euro. Die Auszubildenden sollen einmalig 100 Euro erhalten. Die Tarifkommission der IG Metall muss der Einigung am Donnerstag im westfälischen Sprockhövel noch zustimmen.

Die Bewertung des Verhandlungsergebnisses führte umgehend zu einer heftigen Kontroverse. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warf der IG Metall vor, den Tarifabschluss mit «massiven Streikandrohungen erpresst» zu haben. Das Ergebnis sei auf andere Branchen nicht übertragbar, sagte er.

«Zugestimmt haben wir dem Abschluss schließlich vor allem wegen der von der IG Metall eingeleiteten Eskalation des Tarifkonflikts», sagte auch der Sprecher des Arbeitgeberbands Stahl, Volker Becher, in Düsseldorf. «Dieser Tarifabschluss ist kein Kompromiss, wie er vernünftigerweise am Ende einer Tarifauseinandersetzung stehen sollte», kritisierte Becher.

Erst wenige Stunden vor dem auf Wunsch der Arbeitgeber kurzfristig vereinbarten Treffen hatte der IG Metall-Vorstand in Frankfurt mit dem Beschluss für eine Urabstimmung die Weichen für einen Streik gestellt. Bereits am Freitag hätte damit die Urabstimmung über den ersten Tarifstreik in der Stahlindustrie seit rund 26 Jahren beginnen können.

«Wir haben ein stahltypisches Ergebnis mit einem klaren Plus für die Mitglieder erreicht», wertete der IG Metall-Verhandlungsführer Detlef Wetzel den Abschluss in der derzeit boomenden Stahl-Branche. Über den Ausgleich der Inflationsrate hinaus seien damit die Beschäftigten an den Produktivitätsvorteilen und Gewinnen der Unternehmen beteiligt, sagte er. Wetzel zeigte sich zuversichtlich, dass die Tarifkommission der IG Metall das erzielte Ergebnis annehmen werde.

Unterdessen kündigte die IG Metall an, den Tarifabschluss auch für die rund 8000 Beschäftigten der ostdeutschen Stahlunternehmen übernehmen zu wollen. Der Arbeitgeberverband Stahl hielt sich die Entscheidung offen. Für die Stahl-Beschäftigten in Ost und West wird immer noch getrennt verhandelt.

Sprecher der großen deutschen Stahlkonzerne ThyssenKrupp, Salzgitter und Georgsmarienhütte begrüßten die Einigung und bezeichneten das Ergebnis als «schmerzhaft und gerade noch vertretbar». «Ein Arbeitskampf hätte weitere schwere Dämpfer für einen dringend notwendigen Konjunkturaufschwung gebracht», sagte ThyssenKrupp Steel-Sprecher Erwin Schneider.

Salzgitter-Chef Wolfgang Leese wies auf «erhebliche Belastungen» für das Unternehmen hin. «Die Abwendung des Streiks ist teuer erkauft worden», sagte er. «Wir dürfen uns für künftige Runden die Latte nicht mehr so hoch legen», sagte der Geschäftsführende Gesellschafter der Stahlunternehmensgruppe Georgsmarienhütte Holding, Jürgen Großmann. (tso)

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