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Wirtschaft: Es wird immer besser

Mehr Menschen finden Jobs. Das überrascht die Bundesagentur und begeistert den Wirtschaftsminister

Berlin - Der deutsche Arbeitsmarkt ist fast wieder da angelangt, wo er vor 20 Jahren stand. Denn kurz nach der Einheit zählte Deutschland weniger als drei Millionen Arbeitslose. Erst 1993 wurde die Marke im Jahresdurchschnitt gerissen. Dann wuchs die Angstzahl stetig, und als sie im Frühjahr 2005 die Fünf-Millionen- Marke zeitweise überschritt, begann das Ende der Kanzlerschaft Gerhard Schröders (SPD). Seitdem sinkt die statistisch erfasste Arbeitslosigkeit wieder – derzeit besonders stark. Von der größten Rezession seit den 30er Jahren ist in der Arbeitsmarktstatistik nichts mehr zu sehen.

Im September zählte die Bundesagentur für Arbeit nur noch 3,031 Millionen Menschen ohne Job: 157 000 weniger als im August und 315 000 weniger als vor einem Jahr. Damit ist die niedrigste Arbeitslosenzahl in einem September seit 18 Jahren erreicht. Die Arbeitslosenquote sank auf 7,2 Prozent.

„Es ist inzwischen völlig klar, dass die Entwicklung besser ist als befürchtet“, sagte Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur am Donnerstag in Nürnberg. „Das geht über das Maß der üblichen Herbstbelebung hinaus.“ Die Dynamik sei überraschend. Der Export, aber auch der zunehmende Konsum gäben einen Schub, der im nächsten Jahr weitergehe. 2010 werde die Arbeitslosenzahl im Schnitt 3,24 Millionen betragen, 2011 „leicht über oder sogar unter drei Millionen“. Als Risiken nannte Weise die Staatsverschuldung im Euro-Raum und die schwache US-Konjunktur. Auch gehe der Schub auch noch zum Teil auf die staatlichen Konjunkturprogramme zurück, die Ende des Jahres auslaufen.

„Die Entwicklung ist wirklich schön, aber noch nicht ganz gesund“, warnte Weise. Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte vor übertriebenem Optimismus. „Wir sollten nicht zu euphorisch sein.“ Dagegen zeigte sich Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wie gewohnt zuversichtlich. „Deutschland ist im Aufwind. Wir haben gute Chancen, einen goldenen Herbst am Arbeitsmarkt zu erleben.“ Schon im Oktober könnte die Arbeitslosenzahl unter drei Millionen sinken, auch wenn die Experten sich einig sind, dass der Rückgang sich jetzt verlangsamt. Uwe Dürkop, Volkswirt der Landesbank Berlin, sprach von erfreulichen Daten. „Die Frühindikatoren deuten darauf hin, dass sich der Beschäftigungsaufbau fortsetzen wird“, sagte er. Die Konsumstimmung werde sich weiter aufhellen.

„Ich gehe davon aus, dass sich die Lage weiter verbessert, wenngleich nicht mehr in dem Ausmaß“, sagte auch Stefan Mütze von der Hessischen Landesbank. „Wir sind wettbewerbsstark, haben eine gute Exportpalette mit Investitionsgütern, die besonders in Asien benötigt werden. Dazu kommt, dass auch die Binnennachfrage anspringt.“ Im nächsten Jahr könne die Arbeitslosenzahl in einzelnen Monaten sogar bei nur 2,5 Millionen liegen.

„Dieser Aufschwung schlägt recht schnell auf den Arbeitsmarkt durch“, sagte Thorsten Polleit von Barclays Capital. Etwas skeptischer sieht es Jörg Zeuner von der VP Bank aus Liechtenstein: „Während sich die Wahrnehmung der aktuellen Wirtschaftslage weiter aufhellt, trüben sich die Aussichten zusehends ein. Die zu erwartende Wachstumsverlangsamung, auch in dem bisher für den Aufschwung so wichtigen Exportsektor, wird den Arbeitsmarkt nochmals vor eine Bewährungsprobe stellen“, sagte er.

Nachdem die besseren Daten lange Zeit vor allem auf dem Ausbau von Teilzeitarbeitsplätzen beruht hatten, beschleunigte sich im September die Zunahme von Vollzeitstellen. Im Vergleich zum Vorjahr gab es davon 173 000 mehr. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erklärte, die Entwicklung am Arbeitsmarkt sei zwar grundsätzlich erfreulich, jedoch werfe das Jahreshoch auch tiefe schwarze Schatten: „Die Zahl der prekären Beschäftigung steigt stetig, die Arbeitszeitkonten sind leergefegt und immer noch stecken viele Unternehmen in der Kurzarbeit.“ mit rtr

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