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Wirtschaft: EU und China legen Textilstreit bei Blockierte Kleidung soll freigegeben werden / EU-Mitgliedstaaten müssen aber noch zustimmen

Peking Die Europäische Union und China haben sich grundsätzlich auf die Freigabe der in europäischen Zolllagern blockierten Textilien aus der Volksrepublik verständigt. „Wir haben einen freundschaftlichen Weg gefunden, um die Lasten zu teilen“, sagte EU-Kommissionspräsident José Barroso am Rande des 8.

Peking Die Europäische Union und China haben sich grundsätzlich auf die Freigabe der in europäischen Zolllagern blockierten Textilien aus der Volksrepublik verständigt. „Wir haben einen freundschaftlichen Weg gefunden, um die Lasten zu teilen“, sagte EU-Kommissionspräsident José Barroso am Rande des 8. EU-China-Gipfels in Peking. EU-Handelskommissar Peter Mandelson und der chinesische Handelsminister Bo Xilai hatten mehrere Tage lang verhandelt, wie das Problem der sich beim Zoll türmenden Kleidungsstücke gelöst werden könnte.

Der jetzt gefundene Kompromiss sieht vor, dass die EU alle zwischen dem 11. Juni und dem 12. Juli abgeschickten Waren freigibt. Das betrifft allein 136 Millionen Pullover. Zusätzlich will Brüssel die Hälfte der rund 80 Millionen nach dem 12. Juli gelieferten Textilien im Wert von über 400 Millionen Euro zu Lasten der EU freigeben. Die andere Hälfte soll auf Chinas Exportquoten des nächsten Jahres angerechnet oder mit Einfuhrquoten auf andere chinesische Textilien verrechnet werden. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao bezeichnete das Ergebnis als „fair und akzeptabel für beide Seiten“. Er sprach von einer „grundsätzlichen Vereinbarung", die „sehr bald unterzeichnet wird“. Die 25 EU-Staaten müssen dem Kompromiss noch zusteimmen.

Chinas Textilexporte nach Europa sind in der ersten Jahreshälfte nach Angaben aus Peking um 57 Prozent gestiegen. Die von der Blockade betroffenen Pullover, T-Shirts, Blusen,Hosen und BHs befanden sich bereits auf dem Weg in die EU, als das im Juni abgeschlossene Schanghai-Abkommen in Kraft trat. Im Januar waren die Textilquoten nach einer zehnjährigen Übergangsfrist ausgelaufen. Im Abkommen von Schanghai hatten sich die EU und Peking dann am 10. Juni doch wieder auf neue Quoten geeinigt. Chinas Exporte sollten in zehn Textilkategorien zwischen 2005 und 2007 nur um acht bis 12,5 Prozent zunehmen dürfen.

Diese Quoten waren aber bereits im Juli ausgeschöpft; Produzenten aus Südeuropa hatten die EU-Kommission daher gedrängt, Schutzmaßnahmen gegen eine drohende Überschwemmung der EU-Märkte mit chinesischen Waren zu ergreifen. Der in Peking erzielten Einigung müssen die 25 EU-Mitglieder noch zustimmen. Das soll am heutigen Dienstag geschehen. Der amtierende Ratspräsident der EU, der britische Premierminister Tony Blair, äußerte sich in Peking zuversichtlich: „Auch zwischen engen Handelspartnern kann es zu Problemen kommen. Wichtig ist nur, dass wir diese Probleme lösen." Mit Blick auf die protektionistischen Rufe aus den südeuropäischen Ländern, die ihre Textilindustrie schützen wollen, sagte Blair: „In einer globalisierten Welt geht es darum, Veränderungen zu regeln und sich nicht dem Wandel zu widersetzen“.

Zufriedenheit herrschte bei Verbänden und Unternehmen. „Mit der absehbaren Freigabe der Textilien wird ein grotesker Zustand der Rechtsunsicherheit beendet, der in der jüngeren Geschichte des Handels ohne Beispiel ist“, sagte der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BAG), Anton Börner, in Berlin. Werden die Waren in den nächsten Tagen freigegeben, will der Handelsverband BAG seine im Schulterschluss mit Mitgliedsunternehmen wie Karstadt-Quelle angedrohten Schadensersatzklagen fallen lassen.

Offen ließ indes noch der Damenmodehersteller Gelco aus Gelsenkirchen, ob er seine stellvertretend für den Modeverband „German Fashion“ eingereichte Verfassungsklage zurückziehen will. „Wir klagen für die ganze Branche und grundsätzlich gegen die rückwirkende Wiedereinführung der neuen Quoten“, sagte Jürgen Richter, Geschäftsführer von Gelco.

In Deutschland stellen Textilunternehmen in der Regel nur noch Musterstücke her, die Produktion erfolgt dann in Billiglohnländern. „Nähen bleibt ein Handwerk, es ist nur begrenzt automatisierbar. In Deutschland sind die Lohnkosten dafür bereits seit 30 Jahren zu hoch“, sagte Thomas Rasch vom Modeverband „German Fashion“ dem Tagesspiegel. Eine Ausnahme ist die Sportkleidungsfirma Trigema, die mit 1200 Beschäftigten in Baden-Württemberg produziert.

China ist der zweitgrößte europäische Handelspartner, während Europa der wichtigste chinesische Handelspartner geworden ist. Das Defizit im Handel mit China ist nach EU-Angaben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bereits auf 45 Milliarden Euro angestiegen, zehn Milliarden Euro mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.and/cr/tak/HB/pvs

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