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Wirtschaft: EU-Zinspolitik: Europäische Zentralbank unter Erwartungsdruck

Nach der Zinssenkung in den USA gerät die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) immer stärker unter Druck. Topmanager und Politiker forderten eine Zinssenkung im Euro-Raum.

Nach der Zinssenkung in den USA gerät die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) immer stärker unter Druck. Topmanager und Politiker forderten eine Zinssenkung im Euro-Raum. An den Aktienmärkten kehrte am Donnerstag nach dem Kursfeuerwerk vom Vortag wieder Beruhigung ein. Der Dax verharrte bis zum Abend auf seinem Vortagesschluss, der Nemax-50 legte leicht um ein Prozent auf 1700 Zähler zu.

Der belgische Finanzminister Didier Reynders ließ in einem Gespräch mit der "Börsen-Zeitung" den Angaben zufolge durchblicken, dass er mit der Zinspolitik der EZB unzufrieden sei. Der Politiker kündigte an, auf dem informellen Treffen der EU-Finanzminister und Notenbanker im schwedischen Malmö erneut seine Besorgnis über die Verlangsamung der Euro-Konjunktur zum Ausdruck zu bringen. Reynders, der zugleich Vorsitzender der Euro-Gruppe ist, wies darauf hin, dass neben einer Fortsetzung der Stabilitätspolitik auch die Geldpolitik eine Rolle spiele. Nach einer Umfrage des "Handelblatts" sprachen sich im April 64 Prozent der Top-Manager für eine Zinssenkung im Euro-Raum aus. Im März waren es dagegen nur 45 Prozent. Die Kritik an der EZB hielt sich allerdings in Grenzen. Nur 36 Prozent der Führungskräfte bemängelten den Angaben zufolge, die Währungshüter orientierten sich zu sehr an der Geldwertstabilität.

Die EZB gab unterdessen in ihrem neuen Monatsbericht keine Hinweise darauf, ob sie die Zinsen schon in der Ratssitzung am 26. April senken wird und damit der US-Notenbank folgt. Die Währungshüter, die bei ihren Erläuterungen die überraschende Zinssenkung in den USA nicht berücksichtigen konnten, verweisen erneut darauf, dass sich die Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität zwar abgeschwächt hätten, aber "noch nicht vollständig verschwunden" seien. Im übrigen dürfe das Wirtschaftswachstum in Europa kräftig blieben.

Nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat sind die Verbraucherpreise in der Euro-Zone im vergangenen Monat unverändert klar gestiegen. Nach den am Donnerstag in Brüssel bekannt gegebenen Zahlen verharrte die auf ein Jahr berechnete Inflationsrate in den zwölf Staaten der Währungsunion im März bei voraussichtlich 2,6 Prozent; Deutschland als größtes Euro-Land lag mit 2,5 Prozent knapp unter dem Durchschnitt. In der gesamten EU aus 15 Staaten blieb die Inflationsrate bei 2,3 Prozent.

Die EZB folgt der Argumentation, die EZB-Präsident Wim Duisenberg bereits vor einer Woche erläutert hatte, als die Notenbank entgegen vielen Erwartungen den Leitzins bei 4,75 Prozent beließ. Nach der Lockerung der Geldpolitik auf einen Satz von 4,50 Prozent in den USA sind die Notenbankenzinsen in Europa erstmals seit der geldpolitischen Verantwortung der EZB höher als jenseits des Atlantiks.

Die EZB räumt zwar ein, dass sich das Wachstum der Geldmenge und die Kreditvergabe in den letzten Monaten abgeschwächt hätten und damit das Risiko aus dieser Ecke für die Inflation geringer geworden sei. Aber mit Blick auf die allgemeine Preisentwicklung mahnt sie weiter zur Vorsicht. "Die Aufwärtsrisiken haben sich zwar abgeschwächt, sind jedoch immer noch vorhanden." Die Abschwächung führt die EZB vor allem auf die gedämpften Konjunkturaussichten zurück. Sie räumt auch ein, dass die Inflationsrate nach wie vor durch die Entwicklung der Energiepreise und zuletzt auch durch die Preise für unverarbeitete Lebensmittel bestimmt werde. Letzteres sei auf höhere Fleischpreise wegen der Maul- und Klauenseuche zurückzuführen. "Diese Auswirkungen dürften sich noch einige Monate bemerkbar machen, sollten im Lauf der Zeit aber nachlassen."

ro

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