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ne Welle. Fünf Prozent der Ackerfläche sollen künftig der Natur überlassen werden.

© dpa

Agrarreform: EU zwingt Bauern zu mehr Umweltschutz

Nach langen Verhandlungen gibt es nun eine Einigung auf die Reform der Agrarpolitik. Ein Teil der Milliarden, die ab 2014 an die Bauern fließen sollen, wird an Umweltschutzmaßnahmen gekoppelt.

Berlin - Jahrelang hat das Gezerre um einen der größten Posten im EU-Haushalt gedauert. Nun gibt es eine grundsätzliche Einigung auf die Agrarreform, die die Verteilung und Ausgestaltung der Milliarden-Subventionen für die europäische Landwirtschaft regeln soll. Der „nach fast 50 Verhandlungssitzungen“ im Trilog zwischen Vertretern der EU-Regierungen, der Kommission und des Europaparlaments ausgehandelte Kompromiss sei vor allem ein „Begrünungsmodell“ für die EU-Landwirtschaftspolitik, betonte der zuständige Kommissar Dacian Ciolos am Mittwochabend in Brüssel. Er werde die Landwirtschaft in der EU effizienter machen, er schaffe klare Regeln für die Verwendung der Gelder.

Allerdings ist die Einigung erst wirksam, wenn das Europaparlament zugestimmt hat. Auch die noch ausstehende Einigung von Parlament und EU-Staaten über den EU-Finanzrahmen bis zum Jahr 2020 muss erst stehen. Ciolos zeigte sich am Mittwoch aber zuversichtlich, dass die Beschlüsse gebilligt werden. In Kraft treten soll die Reform 2015, für die Zeit vorher soll es eine Übergangsregelung geben.

Die neuen Richtlinien stellen den Umweltschutz stärker in den Vordergrund. Künftig werden mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen daran gekoppelt. „Wir sind uns einig, dass die Landwirtschaft ökologischer und nachhaltiger wird“, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) am Mittwoch. Dazu sollen die Bauern zunächst fünf und ab 2017 sieben Prozent der Ackerfläche stärker der Natur überlassen, zum Beispiel als Brachflächen oder Grünstreifen. Dies soll dem Schutz von Tier- und Pflanzenarten dienen. Die Bauern sollen darüber hinaus für mehr Vielfalt auf ihren Äckern sorgen. Auf Höfen, die zum Beispiel größer als 30 Hektar sind, müssen künftig drei verschiedene Kulturen angebaut werden. Halten sich die Landwirte nicht an die Umweltschutzvorgaben – das so genannte Greening – drohen Strafen.

Die Direktzahlungen an die Landwirte machen das Gros der EU-Agrarsubventionen aus. Sie umfassen drei Viertel der mehr als 370 Milliarden Euro, mit denen die Landwirtschaft im kommenden Siebenjahreszeitraum unterstützt werden soll. Das andere Viertel fließt in die ländliche Entwicklung.

Neben dem Umweltschutz sollen künftig junge Bauern unter 40 Jahren stärker gefördert werden, um dem Nachwuchsproblem in der Branche entgegenzuwirken. Auch die Regeln, was als landwirtschaftliche Fläche gilt, werden durch die Reform strenger. Gesetzeslücken, die es bisher Betreibern von Flugplätzen oder Golfplätzen ermöglicht hatten, Agrarsubventionen einzustreichen, sollen so geschlossen werden. Zudem werden kleinere Höfe im Vergleich zu Großbetrieben mehr Förderung bekommen.

Der Reformvorschlag sieht auch eine Abschaffung des umstrittenen Zuckerquoten-Systems in der EU schon ab September 2017 vor. Sie halten den Zuckerpreis hoch – zur Freude der Erzeuger, aber zum Leidwesen der Süßwarenindustrie. Das Parlament wollte die Quoten ursprünglich bis 2020 beibehalten. Im strittigen Punkt der Eingriffe in die Agrarmärkte lenkte Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner ein. Sie enthielt sich bei der Abstimmung, obwohl sie immer wieder vor der Rückkehr zu Milchseen und Butterbergen gewarnt hatte – also vor einer Überproduktion ausgelöst durch EU-Gelder. „Unter Zurückstellung vielleicht der einen oder anderen Bedenken“ habe Deutschland den Kompromiss mitgetragen, weil die Bauern Planungssicherheit bräuchten, begründete Aigner. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte beim Deutschen Bauerntag in Berlin, die deutsche Regierung sehe Markteingriffe kritisch. Zudem mahnte sie einen zügigen Abschluss der Verhandlungen an. Mit dem Europäischen Parlament müssten nun „die letzten Hürden ausgeräumt werden“, sagte Merkel. Sie wolle sich darüber hinaus dafür einsetzen, die Verhandlungen über das künftige Gesamtbudget der EU schnell abzuschließen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland zog ein positives Fazit der Einigung. Dagegen erklärte Bauernpräsident Joachim Rukwied, es sei versäumt worden, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Bauern zu stärken. Zugleich wehrte sich der Verbandschef gegen Kritik an der Massentierhaltung. „Das bringt mich auf die Palme, das ist eine Unverschämtheit.“ Die Bauern hielten ihre Kühe und Schweine tiergerecht. Rukwied wies auch Vorwürfe zurück, dass Bauern mit intensiver Bewirtschaftung eine Mitverantwortung am jüngsten Hochwasser in Deutschland trügen. „Das ist potenzierter Schwachsinn.“ mit rtr, AFP

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