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Bundesbank-Präsident: Fiskalpakt ist für Weidmann kein Allheilmittel

Für den Euro-Raum sieht es derzeit nicht nach Wirtschaftswachstum aus. Damit sich die Lage nicht verschlimmert, fordert die EZB politische Reformen. Die Bundesbank überzeugt das nicht restlos.

Die Konjunkturaussichten für den Euro-Raum sind nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) derzeit trübe. Die aktuell hohe Unsicherheit durch die wiederaufgeflammte Schuldenkrise laste auf Vertrauen und Stimmung. Dadurch vergrößern sich die Wachstumsrisiken für die Gemeinschaft der 17 Euro-Länder, wie die Währungshüter in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht schreiben.

Eine dramatische Verschlechterung sieht die Notenbank zwar nicht. Nach Einschätzung der EZB steuert die Euro-Zone aber weiterhin auf eine leichte Rezession zu. Das Bruttoinlandsprodukt wird demnach im laufenden Jahr um 0,1 Prozent schrumpfen. Das Wachstum im kommenden Jahr könnte schwächer ausfallen als noch im März gedacht: Statt eines Plus von 1,1 Prozent erwarten die Experten nun 1,0 Prozent für 2013.

Größere Inflationsgefahren sieht die Notenbank nicht: Zwar werde die Teuerung in diesem Jahr über zwei Prozent bleiben. Im kommenden Jahr werde der Preisdruck nachlassen und die Inflationsrate dürfte demnach auf 1,6 Prozent fallen. Die EZB sieht stabile Preise bei einer Inflationsrate unter zwei Prozent gewährleistet. Im Mai verteuerten sich Waren und Dienstleistungen im Euro-Raum um durchschnittlich 2,4 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit 15 Monaten, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat in Brüssel mitteilte. Im April waren es noch 2,6 Prozent. Grund für den Rückgang sind vor allem fallende Ölpreise, wodurch sich Benzin, Diesel und Heizöl verbilligten.

Um das erwartete bescheidene Wachstum nicht zu gefährden, ist nach Ansicht der EZB eine solide Haushaltspolitik der Mitgliedsstaaten ebenso wichtig wie umfassende Reformen „an den Güter- und Arbeitsmärkten wie auch im Finanzsektor“. Diese würden dazu beitragen, nachhaltiges Wachstum zu fördern.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht in einer intensiveren finanzpolitischen Integration in Europa ebenfalls eine Chance. Sie sei aber nicht die Garantie für eine stabilere Währungsunion. Grundlage für weitere Schritte in die Zukunft Europas müsse zunächst eine im Konsens beschlossene und demokratisch umfassend legitimierte Fiskalunion sein, die Mindeststandards genüge, sagte Weidmann auf einer Konferenz des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.

Mit Blick auf den Ende Juni anstehenden EU-Gipfel sagte er, Europa stehe vor einer „Richtungsentscheidung, die nicht länger vertagt werden darf“. Das finanz- und wirtschaftspolitische Fundament der Währungsunion zeige „tiefe Risse“. Um diese zu kitten, müsse die Politik Antworten finden und einen Rahmen setzen. Dabei dürfe eine gemeinschaftliche Haftung für Schulden und Risiken erst am Ende und nicht am Anfang eines Integrationsprozesses mit Bankenunion und anderen Elementen stehen. Zwar würdigte er Kriseninstrumente wie den ständigen Rettungsschirm ESM, der im Juli starten soll. Doch: „Eine stabile Währung setzt nicht die vereinigten Staaten von Europa voraus, aber ohne stabile Währung, und damit ein entsprechend ausgestaltetes Regelwerk, wird es keine dauerhafte, stabile politische Union geben.“ dpa/rtr

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