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Wirtschaft: Forschungskooperationen: Der Förderdschungel Deutschland lichtet sich

Die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft funktioniert besser als angenommen. 95 Prozent der Unternehmen seien zufrieden mit ihren Forschungskooperationen, heißt es in der jüngsten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) unter mehr als 1000 Betrieben.

Die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft funktioniert besser als angenommen. 95 Prozent der Unternehmen seien zufrieden mit ihren Forschungskooperationen, heißt es in der jüngsten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) unter mehr als 1000 Betrieben. Immerhin 82 Prozent der Befragten stünden mit Forschungseinrichtungen in Verbindung. Es entstehe eine fruchtbare Zusammenarbeit, "sobald sich Unternehmer und Forscher aufeinander zu bewegen", sagte DIHT-Hauptgeschäftsführer Franz Schoser am Montag in Bonn.

Mit gut 60 Milliarden Mark finanziert die Wirtschaft knapp zwei Drittel der gesamten Forschungsausgaben in Deutschland. Dabei wird immer mehr mit Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft geforscht: Jede zehnte Mark für Forschung und Entwicklung (F+E) wird nach außen vergeben. Nach Angaben des DIHT kritisierten die Unternehmen am stärksten, dass sie bei der Umsetzung der Forschungsergebnisse von den Instituten allein gelassen würden. Sie wünschten sich mehr Unterstützung. Dies könne ein neuer Ansatz für ein Förderprogramm sein, regte der DIHT an. Der Verband stellte klar, dass er nicht noch mehr Forschungsprogramme fordere, sondern eine Umschichtung bestehender Projekte.

Tatsächlich gibt es für Unternehmen, die an neuen Produkten und Verfahren forschen, einen schier unübersehbaren Berg an Förderprogrammen: Allein für den Mittelstand bieten Bund, Länder und die Europäische Union rund 650 Programme an.

"Das deutsche Forschungssystem ist besser als sein Ruf", sagte Michael Maurer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" (AiF). Die AiF berät rund 50 000 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Vergabe von Forschungsfördermitteln und stellt für diese - in ihrer Eigenschaft als Projektträgerin von einigen Forschungsprogrammen - Anträge beim Bundeswirtschaftministerium. "Von einem Förderdschungel zu sprechen, ist unredlich", sagte Maurer.

Sicherlich gebe es viele Projektträger und noch mehr Programme, räumte er ein. Unübersichtlich sei dies nicht, denn "alle wissen voneinander". Dies führe zudem zum Wettbewerb unter den Projektträgern. "So etwas ist viel besser als eine riesige staatliche Projektträgerschaft", sagte Maurer. Die Alternative zur mitunter "verwirrenden Vielfalt" wäre eine generelle Zulage für Forschung und Entwicklung, wie sie andere Industrieländer zahlen. Doch die Bundesrepublik wolle entscheiden, was sie fördert. Allerdings durchblickt nicht jeder die Förderungs-Vielfalt. "Gerade für den Mittelstand ist nicht alles transparent", meinte Rainer Nicolay, Forschungsreferent beim DIHT. Zwar gebe es zur Orientierung die Förderdatenbank auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums ( www.-bmwi.de ), Industrie- und Handelskammern stellten Innovationsberater, dazu gebe es freie Berater. Bestrebungen, Förderprogramme beim Wirtschaftsministerium zusammen zu legen und Förderlinien zu reduzieren, müssten jedoch verstärkt werden.

Ein erster Schritt war vor zwei Jahren die Verlagerung aller Förderprogramme für Innovationen in KMU vom Forschungs- zum Wirtschaftsministerium. "Die Kompetenzverlagerung hat sich bewährt", sagt AiFHauptgeschäftsführer Maurer. Die Transparenz der Förderungen habe sich deutlich erhöht, so Maurer.

Klein-Unternehmen benachteiligt

Fraglich ist, ob kleinere Unternehmen bei der Vergabe tatsächlich - wie oft behauptet - benachteiligt werden. Nach Auffassung des Bundes kommen KMU besondere Hilfen zu, denn sie wurden mit 1,1 Milliarden Mark im Jahr 1999 gefördert, das waren 55 Prozent der gesamten Förderung für Unternehmen. Demgegenüber entfielen aber nur 15 Prozent der eigenen Forschungsausgaben des Wirtschaftssektors auf mittelständische Unternehmen. Im Verhältnis zu den eigenen F+E-Anstrengungen würden die KMU somit weit überproportional gefördert, heißt es daher im Forschungsbericht 2000.

Die AiF sieht dies allerdings anders: Bezogen auf die Mitarbeiterzahl bekämen Großbetriebe wesentlich mehr Fördermittel, sagte Maurer. So würden kleinere Betriebe im Schnitt 800 Mark je Beschäftigten an Förderung bekommen, Großunternehmen dagegen 1300 Mark.

Der DIHT macht in diesem Zusammenhang auf ein weiteres Problem aufmerksam: Nach der Definition der EU hätten KMU maximal 249 Mitarbeiter. Das heißt, KMU-Programme können von Mittelständlern mit mehr als 250 Beschäftigten nicht in Anspruch genommen werden. "Unternehmen mit 250 bis 999 Arbeitnehmern bekommen relativ selten öffentliche Förderung", meinte DIHT-Experte Nicolay. Er spricht denn auch von einer regelrechten "Förderlücke".

Doch bei aller Kritik registriert die Wirtschaft auch Veränderungen in der Förderpolitik. Neu sei etwa der Ansatz, mit Programmen wie BioRegio und InnoRegio bestimmte Regionen in Deutschland zu fördern, sagte Bernhard Diegner, Leiter der Forschungsabteilung beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie.

bia, HB

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