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Wirtschaft: Gasprom kommt den deutschen Kunden näher

Der russische Energiekonzern eröffnet in Berlin eine Erdgastankstelle - und erschließt damit neue Märkte

Berlin - Der Schriftzug prangt offensiv an der Zapfsäule: „Russisches Erdgas für Ihr Auto“. Darüber steht „ZMB“ – so heißt das deutsche Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gasprom. Am Dienstag eröffneten die Russen in der Nähe des Berliner Flughafens Tegel eine Erdgas-Tankstelle. Es ist das erste Mal, dass Gasprom seine Dienste deutschen Kunden direkt anbietet.

Beherzt greift ZMB-Geschäftsführer Claus Bergschneider zum Zapfhahn. Zusammen mit zwei Kollegen spielt er „die drei von der Tankstelle“, wie er sagt. Zehn Erdgas-Autos warten darauf, befüllt zu werden. Bergschneider geht zum ersten Wagen und führt den Zapfschlauch ein. Es zischt, das komprimierte Gas fließt in den Tank. Anders als bei Benzin oder Diesel läuft die Anzeige für den Euro-Betrag langsamer als die für die abgegebene Menge. Als der Tank voll ist, hat Gasprom 13,98 Euro eingenommen – der Preis für 17,28 Kilogramm Erdgas.

„Im Vergleich zum Gesamtabsatz von Gasprom ist das natürlich nicht so viel“, sagt Bergschneider. Schließlich gehört der russische Konzern zu den 15 größten Unternehmen der Welt, allein die deutsche Tochter setzt jährlich knapp drei Milliarden Euro um. „Aber es ist ein erster Schritt“, fügt der Geschäftsführer hinzu.

In der Tat ist die Zapfsäule, die sich auf dem Gelände einer Fox-Tankstelle befindet, ein Meilenstein auf dem Weg der Russen nach Westeuropa. Bislang konzentrierte sich das Unternehmen auf die Förderung und den Export von Erdgas. Doch seit kurzem fährt der Konzern eine völlig neue Strategie: So bohren die Russen neuerdings auch in der Nordsee nach Gas, außerdem wollen sie deutsche Stadtwerke kaufen, um so in das Vertriebsgeschäft vor Ort einzusteigen. Auch die neue Zapfsäule passt in dieses Konzept: „Wir wollen näher an die Kunden ran“, erklärt Bergschneider. Um dieses Ziel zu erreichen, scheuen die Russen offenbar keine Kosten, rund 250 000 Euro hat Gasprom in Tegel investiert. Und das, obwohl das Projekt nicht wirtschaftlich ist, wie ein Sprecher einräumt. Denn trotz der steuerlichen Förderung und trotz des von ZMB angepeilten Tagesabsatzes von 1200 Kilogramm lässt sich mit Erdgas als Kraftstoff noch kein Geld verdienen. „Uns kommt es auf die Signalwirkung an“, sagt Bergschneider. In Zukunft sollen weitere Tankstellen folgen. Bisher gibt es für die 2000 Erdgas-Autos in Berlin zwölf Tankstellen, alle werden von der Gasag betrieben.

Befürchtungen, dass die deutsche Energieversorgung nun noch stärker von Russland abhängig werden könnte, versucht Bergschneider zu zerstreuen. „Unser Investment ist ein Bekenntnis zum deutschen Markt und zur Versorgungssicherheit hierzulande.“

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