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Wirtschaft: Global voran
Weltweit investieren Unternehmen 1,5 Billionen Dollar außerhalb ihrer Heimatländer.
Weltweit engagieren sich Unternehmen immer stärker im Ausland. Trotz der anhaltenden konjunkturellen Unsicherheiten und der Euro-Krise flossen 2011 Investitionen in Höhe von mehr als 1520 Milliarden Dollar über die nationalen Grenzen. Das geht aus dem Weltinvestitionsbericht 2011 der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) hervor, der in Genf veröffentlicht wurde. Im Jahr 2010 betrug der Wert der Direktinvestitionen noch 1309 Milliarden Dollar. Im Jahr 2009, auf dem Höhepunkt der globalen Wirtschaftskrise, hielten sich die Unternehmen dagegen zurück: Damals investierten sie nur knapp 1200 Milliarden Dollar jenseits der Grenzen.
Direktinvestitionen, Übernahmen, Fusionen, Erweiterungen bestehender Firmen und Neugründungen gelten als wichtigste Gradmesser der Globalisierung und spiegeln die geschäftlichen Erwartungen der Firmen in den ausländischen Märkten wider. Im vergangenen Jahr entfielen fast zwei Drittel der insgesamt investierten Summe auf Neugründungen und Erweiterungen. Mehr als ein Drittel der Summe lenkten die Manager in Fusionen und Übernahmen.
Die UNCTAD-Ökonomen rechnen mit einem weiteren Anschwellen der Investitionsströme in den kommenden Jahren. Basierend auf makroökonomischen Daten prognostizieren sie einen Wert der Direktinvestitionen im Jahr 2014 von rund 1,9 Billionen Dollar.
In die etablierten Industrieländer wie die USA und Deutschland flossen im vergangenen Jahr 748 Milliarden Dollar, während in die Entwicklungsländer 684 Milliarden Dollar gelenkt wurden. Den Rest der Summe legten die Investoren in den sogenannten Transformationsländern, vor allem in den Nachfolgestaaten der Ex-Sowjetunion, an. Alle drei Ländergruppen konnten 2011 größere Summen anziehen als 2010. Die UNCTAD deutet dieses Plus als Ausdruck eines positiven Trends der Direktinvestitionen: Trotz eines temporären Auf und Ab steigen die globalen Kapitalströme langfristig an.
Als größter Magnet der Industrieländer und der gesamten Weltwirtschaft erwiesen sich die USA, dort investierten fremde Firmen im Jahr 2011 rund 227 Milliarden Dollar. Trotz der Flaute der US-Wirtschaft stieg damit der Wert der Fremdinvestitionen an: Im Jahr 2010 hatten Ausländer in der größten Volkswirtschaft der Welt knapp 200 Milliarden Dollar angelegt. Auf den weiteren Plätzen der attraktiven Industrieländer befinden sich laut UNCTAD-Tabellen Belgien, Großbritannien, Australien, Frankreich, Kanada und Deutschland.
Die USA erreichen auch mit Abstand die Spitzenposition der Exporteure von Kapital, bei den Industrieländern und weltweit: Amerikanische Firmen kauften und beteiligten sich an ausländischen Firmen oder gründeten neue Dependancen im Ausland für knapp 400 Milliarden Dollar. Auch japanische Unternehmen zog es mit ihren Investitionen in die Fremde: Sie legten fast 115 Milliarden Dollar im Ausland an, als eine treibende Kraft erwies sich der starke Yen.
Viele deutsche Firmen wollten von einem weiteren Engagement jenseits des Heimatmarktes 2011 aber nicht viel wissen. Die Deutschen investierten nur 54 Milliarden Dollar, im Jahr 2010 war der Wert noch doppelt so hoch.
Die großen Entwicklungs- und Schwellenländer gehören bei den Direktinvestitionen inzwischen zu den etablierten Spielern. Das belegen die Zahlen für 2011 eindeutig: China und Hongkong- China konnten 2011 zusammen den Zufluss von 207 Milliarden Dollar von fremden Firmen verbuchen, nach 186 Milliarden Dollar im Vorjahr. Allerdings bremsten die Firmen Chinas ihr Engagement im Ausland. Investierten die Unternehmen aus dem Mutterland und Hongkong 2010 noch 164 Milliarden Dollar jenseits des Machtbereichs Pekings, waren es 2011 nur 147 Milliarden US-Dollar.
Jan Dirk Herbermann