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Wirtschaft: Handy-Branche kommt wieder in Bewegung

Zwar ist die Fusion der Mobilfunkfirmen E-Plus und O2 fürs Erste gescheitert – doch weitere Übernahmen stehen an

Berlin (vis). Die beiden deutschen Mobilfunkbetreiber EPlus und O2 werden vorerst nicht zusammengehen. Die Verhandlungen zwischen den beiden Mutterkonzernen, der niederländischen Telefongesellschaft KPN und dem britischen Mobilfunkunternehmen MMO2 sind gescheitert. Ein feindliches Übernahmeangebot an die Aktionäre von MMO2 schloss KPN- Chef Ed Scheepbouwer am Montag zwar aus. Doch prüft das Unternehmen „Möglichkeiten, sein Geschäft über Akquisitionen auszubauen“, sagte KPN-Finanzchef Maarten Henderson. Rund vier Jahre nach dem dramatischen Einbruch der Telekomwerte, kommen die Mobilfunkunternehmen wieder in Kauflaune.

Gerüchte über ein Zusammengehen der niederländischen KPN und MMO2, der ehemaligen Mobilfunksparte von British Telecom, hat es bereits seit vielen Monaten gegeben. Denn für beide Unternehmen gilt: Sie sind zu klein, um sich gegen die großen Unternehmen T-Mobile oder Vodafone am Mobilfunkmarkt in Deutschland und Europa behaupten zu können. „Größe spielt im Mobilfunkmarkt doch eine Rolle. Wir wollen ein größerer Spieler werden“, sagte KPN-Finanzchef Henderson. Nach Ansicht von Experten ist auf dem deutschen Markt ein Marktanteil von 20 Prozent nötig, um langfristig profitabel arbeiten zu können. Auf diesen Anteil würden es E-Plus und O2 nur zusammen bringen.

Nach Presseberichten hatte KPN für MMO2 110 Pence (1,63 Euro) pro Aktie geboten. Damit würden die Briten mit 9,5 Milliarden Pfund (13,6 Milliarden Euro) bewertet. Doch MMO2 lehnte die Offerte von KPN ab. Dass sich KPN eine solche Offerte überhaupt wieder erlauben kann, ist nur dem harten Spar- und Restrukturierungskurs zu verdanken, den das Unternehmen in den vergangenen Jahren hinter sich gebracht hat. 2002 hatte das Unternehmen noch einen Verlust von 9,5 Milliarden Euro gemacht. 2003 übertraf KPN mit einem Nettogewinn von 2,73 Milliarden Euro die Erwartungen der Analysten. Nach vier Jahren ohne Dividende sollen die Aktionäre 2004 wieder eine Ausschüttung erhalten.

Von der Rückkehr in die Gewinnzone konnten die KPN-Aktien nur im frühen Handel profitieren. Im Handelsverlauf büßten sie wegen des gescheiterten Übernahmeversuchs 6,68 Prozent auf 6,43 Euro ein. Dagegen beflügelte das KPN-Interesse an MMO2 die britische Aktie. Sie legte zeitweise um rund 20 Prozent zu.

Derweil wird in der Branche weiter spekuliert, wer die nächsten Übernahmekandidaten sein könnten. Gerade hat es auch Bewegung auf dem amerikanischen Markt gegeben: AT&T Wireless wurde vom Konkurrenten Cingular übernommen. Vodafone, auch an AT&T Wireless interessiert, ging leer aus und könnte nun sein Augenmerk wieder verstärkt auf den europäischen Markt richten. Bei Europas Telekommunikationsunternehmen zeigen sich die Erfolge der strikten Spar- und Restrukturierungskurse. Die hohen Schuldenbergen haben die Unternehmen weitgehend abgebaut. Dennoch: „Die ganz großen Zusammenschlüsse erwarten wir derzeit nicht“, sagt Ralf Hallmann, Analyst der Bankgesellschaft Berlin. Sie seien im Moment weder über neue Schulden noch über Aktientausch zu realisieren, was die negative Reaktion der Börse auf die Offerte von Vodafone für AT&T Wireless gezeigt habe.

In Europa ist Vodafone vor allem daran interessiert, seine Beteiligung am zweitgrössten Mobilfunkanbieter SFR auszubauen, um auch in Frankreich mit einer Mehrheitsposition vertreten zu sein. Bisher hält Vodafone 20 Prozent direkt an SFR und über eine weitere Beteiligung indirekt insgesamt 32 Prozent. Doch Vivendi will sich bisher nicht trennen. Experten sehen in Frankreich schon eine Übernahmeschlacht um Vivendi voraus – ähnlich wie die im Jahr 2000 in Deutschland um Mannesmann. Weiteres Ziel von Vodafone könnte der Ausbau der Mobilfunkbeteiligung der Briten an der polnischen Gesellschaft Polkomtel sein, erwartet Analyst Hallmann. Polen ist auch der Markt, auf dem T-Mobile einen neuen Versuch angehen könnte. Im vergangenen Jahr hatte T-Mobile für 51 Prozent der Anteile am polnischen Marktführer PTC 1,1 Milliarden Euro geboten. 49 Prozent hält T-Mobile bereits. Damals war die Übernehme am Preis gescheitert. Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke wollte damals nicht mehr bieten. „Jetzt könnte er bereit sein, das Angebot noch einmal zu erhöhen“, wagt Analyst Hallmann eine Prognose. Am dringendsten, da sind sich alle einig, braucht KPN einen neuen Partner. Doch bisher ist noch kein Interessent in Sicht.

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