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Ifo-Index sinkt überraschend weiter: „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest“
Führungskräften schätzen die aktuelle und zukünftige Geschäftslage schlechter ein als bisher. Dies ergab die Ifo-Umfrage von rund 9.000 Managern. Dabei hatte eine Zahl zuletzt etwas Hoffnung gegeben.
Stand:
Die Stimmung unter den Unternehmen in Deutschland ist laut Umfrage des Münchner Ifo-Instituts im Juli weiter gesunken. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ging auf 87,0 Punkte zurück, nach 88,6 Punkten im Juni, wie das Ifo am Donnerstag mitteilte.
„Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest“, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Unternehmen waren demzufolge im Juli weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften als noch im Juni. Demnach habe auch die Skepsis mit Blick auf die kommenden Monate „merklich zugenommen“.
Konjunkturaufschwung erwartet
Die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, fühlte sich an 2023 erinnert: „Genau wie im Vorjahr hatte sich die Unternehmensstimmung im Frühjahr noch aufgehellt, aber im Sommer ist der Stimmungsaufschwung schon wieder abgerissen.“
Dabei könne auch die Sorge über einen möglichen Wahlsieg des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump eine Rolle spielen, erklärte Köhler-Geib.
Trotz aller Risiken geht die KfW-Chefvolkswirtin davon aus, dass der Konjunkturaufschwung im laufenden und kommenden Jahr weitergeht. „Insbesondere dürfte der Konsum dank der jüngsten Kaufkraftgewinne noch stärker zunehmen und auch bezüglich der Investitionstätigkeit in Deutschland gibt es endlich wieder ein paar positive Signale“, erklärte Köhler-Geib.
Der ING-Analyst Carsten Brzeski sieht die deutsche Wirtschaft in der Stagnation feststecken, will aber trotz des schwachen Starts in die zweite Jahreshälfte „positive Überraschungen nicht ausschließen“. Die Daten im Mai könnten durch viele Feiertage und lange Wochenenden schlechter ausgefallen sein, als sie tatsächlich waren.
„Und es bedarf nur einer kleinen Verbesserung der Auftragsbücher in der Industrie, um die Produktion wieder wachsen zu lassen, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus“, erklärte Brzeski.
Vor allem Dienstleistungssektor betroffen
Im Verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima zum zweiten Mal in Folge, nachdem es zuvor drei Mal angestiegen war. Insbesondere die Urteile zur aktuellen Lage fielen erheblich schlechter aus. Die Auftragsbestände waren erneut rückläufig und die Kapazitätsauslastung sei gefallen.
Auch im Dienstleistungssektor sank der Index nach einer Erholung in den vergangenen Monaten. „Dies war vor allem auf pessimistischere Erwartungen zurückzuführen“, erklärte Fuest. Allerdings beurteilten die Dienstleister auch ihre aktuelle Lage schlechter als im Vormonat.
Auch die Händler zeigten sich im Juli weniger zufrieden. Die Urteile über die aktuelle Geschäftslage fielen negativer aus und die Skepsis gegenüber der Zukunft nahm zu.
Die Erwartungen im Bauhauptgewerbe indes blieben nahezu unverändert, allerdings auf einem ohnehin pessimistischem Niveau. Zudem beurteilten die Firmen ihre aktuelle Geschäftslage etwas schlechter als im Vormonat.
Pessimistische Stimmung überrascht
Von Reuters befragte Fachleute hatten hingegen mit einem Anstieg auf 88,9 Zähler gerechnet. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage schlechter und auch die Aussichten für die kommenden Monate pessimistischer als zuletzt. „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Zuletzt erst hatte der Einkaufsmanagerindex für die hiesige Privatwirtschaft den Hoffnungen auf einen Aufschwung einen kräftigen Dämpfer versetzt: Das Barometer fiel im Juli erstmals seit vier Monaten unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten, wie S&P Global jüngst mitteilte.
Dabei hatte sich die Wirtschaft gerade erst etwas berappelt: Sie erholte sich aus Sicht der Bundesbank weiter und dürfte auch im Frühjahr leicht zugelegt haben. Deutschland war zu Jahresbeginn mit einem leichten Wachstum von 0,2 Prozent knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt, nachdem das Bruttoinlandsprodukt Ende 2023 um 0,5 Prozent geschrumpft war. (Reuters, AFP)
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