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Wirtschaft: Im Osten geht die Sonne auf

Mit der Ansiedlung von Solarfirmen könnte Berlin zum alten industriellen Glanz zurückfinden

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Wer die Produktionshalle des Solarmodul-Herstellers Inventux in Marzahn betritt, blickt als erstes auf die ungewöhnliche Garderobe: halbvolle Getränkeflaschen, Berge von Jacken. Eigene Kleidung und Getränke sind in der Fertigungshalle verboten. Besucher müssen sich mit der Betrachtung durch die Fensterscheibe begnügen – der „Reinraum“, wie die Produktionsstätte der Solar-Module genannt wird, soll frei von Staubpartikeln bleiben. „Die aktive Schicht eines Moduls ist dünner als ein menschliches Haar. Ein Staubkorn würde zu einer Fehlstellung führen“, erklärt Thorsten Ronge von Inventux beim Rundgang durch die 100 000 Quadratmeter große Halle.

Die 1,4 Quadratmeter großen Module gehen nach Deutschland und Europa, finden ihren Bestimmungsort vor allem auf Freiland-Flächen und Industriedächern. Als erster Hersteller in Europa stellt die Inventux Technologies AG „Dünnschicht-Module“ auf Siliziumbasis in Serie her und gehört zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen der Region. Seit Dezember 2008 produziert das Unternehmen aus dem ostwestfälischen Steinhagen in Marzahn. In Rekordzeit zogen Bauarbeiter die Halle hoch, während Mitarbeiter bereits im Inneren die Maschinen installierten. Die Verwaltung sitzt im ehemaligen Haus des Schienenfahrzeug-Herstellers Bombardier.

Das derzeit weit verbreitete Herstellungsverfahren mit blauem kristallinen Silizium, das für den bekannten Blauschimmer auf den Modulen sorgt, hat ein Problem: das Silizium wird knapp. Jetzt, sagt Ronge, könne man beweisen, dass die Dünnschicht-Variante, für deren Produktion deutlich weniger Silizium benötigt wird, günstiger ist und eine höhere Energie-Ausbeute liefert. Bereits 130 Mitarbeiter arbeiten für Inventux, und das Unternehmen meldet freie Stellen. „Für Berlin als Standort spricht, dass sie hier her sehr gut hochqualifizierte Leute kriegen“, sagt Ronge. Gut 50 Ingenieure beschäftigt Inventux, darunter hoch qualifizierte Leute aus Schweden, Irland oder den USA. Die wären nicht nach Steinhagen gekommen. Somit strahlt die Lebensqualität Berlins auch auf die Wirtschaft auf. Und noch etwas zählt: „In Berlin und Brandenburg hat sich das ,Solarcluster’ versammelt“, sagt Ronge. Bei der Produktion steht die Region bundesweit an der Spitze. Schon jetzt beschäftigt der Wirtschaftszweig mehr als 3500 Menschen. Produzenten, Lieferanten, Dienstleister wie Marketing-Agenturen und Verbände und die Wissenschaft, etwa das Helmholtz-Institut, sitzen in der Hauptstadt. Damit mischt die Region international in der Top-Liga mit. Fördergelder der EU, zum Beispiel der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, unterstützen Unternehmen bei der Ansiedlung in Ostdeutschland. „Wir haben in Marzahn 49 Millionen Euro investiert. Die Förderung hat einen wichtigen Beitrag geleistet.“

Die Nähe zum Forschungsstandort Adlershof vermissen die Marzahner nicht. „Wir arbeiten eng mit der Forschung zusammen und haben einige Kooperationen angestoßen.“ Auch die sinkenden Aktienkurse von Konkurrenten wie Solon oder Q-Sells beunruhigen nicht. „Die Perspektiven sind für die Solarbranche gut. Der Sektor wächst weiter, weil der Strombedarf steigen wird.“ Inventux denkt bereits über einen Anbau nach und sieht rund um das Gebäude Platz für einen Photovoltaik-Park, der die Investitionskosten für neue Firmen in Grenzen halten könnte.

www.inventux.com

Die Perspektiven für die Solarbranche sind gut. Der Sektor wird weiter wachsen, weil der Strombedarf weltweit steigen wird.“

Thorsten Ronge,

Leitung Marketing und Produktmanagement bei Interventux

Jörg Oberwittler

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