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Immobilien: Edler wohnen in der City West

In Charlottenburg werden wieder Mietwohnungen gebaut – gefragt sind aber auch Gründerzeitbauten im gehobenen Segment.

Mit diesem Empfang hat Michael Müller nicht gerechnet. Als der neue Berliner Stadtentwicklungssenator zum Auftakt einer Tour durch Charlottenburg das Haus Cumberland am Kurfürstendamm besichtigen will, begrüßen ihn nicht nur die Bauherren, sondern auch eine Gruppe von Mieteraktivisten. „Bezahlbare Mieten statt Profit-Gier und Eigentum“ verlangen sie auf einem Transparent.

Günstige Mieten? Da denkt man nicht zuerst an Charlottenburg-Wilmersdorf. Schließlich wird der Bezirk schon fast reflexhaft als gutbürgerlich bezeichnet. Die Straßen zwischen Kudamm und Savignyplatz, die Gegend um den Ludwigkirchplatz und der Ortsteil Grunewald zählen schließlich zu den beliebtesten und teuersten Wohngegenden der Stadt. Oft wird dabei vergessen, dass Charlottenburg-Wilmersdorf nicht nur aus großzügigen Gründerzeitwohnungen und edlen Villen besteht, sondern auch einfache Wohnlagen beispielsweise im nördlichen Charlottenburg und schmucklose Wohnhäuser aus der Nachkriegszeit umfasst.

Und doch: Derzeit scheint sich das Interesse auf die edlen und teuren Wohnungen zu konzentrieren. „In fünf Jahren wird Charlottenburg wieder die attraktivste und auch teuerste Wohnlage in Berlin sein“, prophezeit Corvin Tolle, geschäftsführender Gesellschafter des Maklerhauses Rohrer Immobilien. Durch die neuen Projekte in der City-West – Waldorf-Astoria, Bikini Berlin, Haus Cumberland und andere – erfahre die Gegend derzeit eine Aufwertung. Besonders nachgefragt, beobachtet Marc Wiese, Vorstand des Bauträgers Sanus, seien „Gründerzeitbauten im gehobenen Preissegment, die das klassische und traditionelle Berlin verkörpern“.

Genau das dürfte auch zum Verkaufserfolg der Wohnungen in Haus Cumberland beigetragen haben, das Senator Müller nach dem turbulenten Empfang dann doch in Ruhe besichtigen kann. Nur sieben Monate habe es gedauert, um die 186 Wohnungen zu verkaufen, sagt Detlef Maruhn, der zusammen mit seinem Geschäftspartner Dirk Germandi den Wohnteil im Baudenkmal am Kurfüstendamm verantwortet. Dabei waren die Preise mit 4500 bis 7500 Euro pro Quadratmeter für Berliner Verhältnisse enorm hoch. „Hier wird ein Arzt aus München einziehen, der nach 35 Jahren zurück nach Berlin will“, erzählt Maruhn derweil, während seine Besucher sich vorzustellen versuchen, wie die 280 Quadratmeter große Dachgeschosswohnung nach Abschluss der Bauarbeiten aussehen wird.

Die Investoren von Haus Cumberland sind nicht die einzigen Verkäufer, die sich über eine starke Nachfrage nach Eigentumswohnungen freuen. Auch die 27 Wohnungen im Projekt Amisia an der Emser Straße sind bereits alle verkauft – trotz eines Durchschnittspreises von 5275 Euro pro Quadratmeter. Nicht einmal die Lage an der lauten Lietzenburger Straße hielt einen Käufer davon ab, gut zwei Millionen Euro für sein 299 Quadratmeter großes Penthouse hinzublättern. „Die Käufer kamen je zur Hälfte aus Deutschland und aus dem Ausland“, berichtet Michael Ries von der Firma Pantera, die den Vertrieb der Wohnungen steuerte. „In der Regel werden sie die Wohnung selber nutzen.“ Ein Käufer allerdings, der gleich vier Wohnungen erworben hat, plant laut Ries, diese möbliert an Manager zu vermieten, die sich für eine beschränkte Zeit in Berlin aufhalten. Ein anderes Beispiel. Die Project-Gruppe, die in der Prinzregentenstraße unter dem Projektnamen Prinzregent II 25 Wohnungen errichtet, meldet wenige Wochen nach Vertriebsstart bereits einen Stand von 18 reservierten und zwei verkauften Einheiten. Nur noch wenige Wohnungen sind auch in den Rosengärten zu haben. Unter diesem Namen errichtet das Unternehmen Bauwert in der Württembergischen Straße 70 Miet- und 140 Eigentumswohnungen, die Anfang 2013 fertig gestellt sein werden. „Vor allem die Drei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen sind sehr beliebt“, sagt Henning Hausmann von Bauwert. „Die Käufer sind Selbstnutzer im Alter zwischen 45 und 60 Jahren.“ Zahlen müssen sie im Durchschnitt 4150 Euro pro Quadratmeter, während die künftigen Mieter sich auf eine Durchschnittsmiete von 13,10 Euro pro Quadratmeter einstellen müssen.

Dass in den Rosengärten auch Mietwohnungen entstehen, ist nicht selbstverständlich – schließlich haben Projektentwickler beim Neubau lange fast ausschließlich auf Eigentumswohnungen gesetzt. Das scheint sich jetzt zu ändern. In der vergangenen Woche legten die CG-Gruppe und Kondor Wessels den Grundstein für das Carré Charlotte in der Fraunhoferstraße 20-23. In der Nähe des Ernst-Reuter-Platzes entstehen in einem denkmalgeschützten Bestandsgebäude und einem Neubau 137 Mietwohnungen, die im Altbau bereits Mitte diese Jahres, im Neubau Anfang 2013 bezugsfertig sein sollen. Günstiger Wohnraum kommt aber auch hier nicht auf den Markt: Die Miete wird je nach Lage und Ausstattung zwischen 12,50 und 15 Euro pro Quadratmeter betragen.

Noch aus einem zweiten Grund ist das Projekt Rosengärten bemerkenswert: Es zeigt, mit welchen Schwierigkeiten die Projektentwickler zu kämpfen haben, um in den besonders begehrten Gegenden noch freie Grundstücke zu finden. Lange hatte die Bauwert mit dem Widerstand von Kleingärtnern zu kämpfen, die in der Württembergischen Straße ihre Parzellen hatten und lieber weiterhin Rosen in ihren Gärten gezüchtet hätten, als Platz für die „Rosengärten“ zu machen.

Einen anderen Weg wählte das Unternehmen Condex Invest, das zwischen Ballenstedter, Münsterscher und Brandenburgischer Straße das so genannte Haus Wilmersdorf mit 53 mehrheitlich kleineren Wohnungen errichtet: Es sicherte sich ein Grundstück, auf dem sich bis vor kurzem ein Gebrauchtwagenhandel und ein Wohngebäude aus den fünfziger Jahren befanden. Solche Nachkriegsbauten sind nicht selten im Visier der Projektentwickler – wobei diese nicht immer auf Abriss, sondern auch auf Sanierung setzen. Die Fasanengärten etwa umfassen ein Vorderhaus aus den 60er Jahren in der Fasanenstraße und einen Neubau im Inneren des Grundstücks. Bei einem Durchschnittspreis von 4000 Euro pro Quadratmeter sind auch hier nach Angaben der mit der Vermarktung betrauten Capax GmbH nur noch drei von 38 Wohnungen zu haben. Eine weitere Möglichkeit: Man wagt sich an schwierige Grundstücke. So will der Bauträger Sanus 2014 in der Seesener Straße 40-47 mit dem Bau von knapp 200 Eigentumswohnungen beginnen – „nur wenige Gehminuten von der Flaniermeile Kurfürstendamm entfernt“, wie es bei Sanus heißt. Allerdings befindet sich das Baugrundstück auch direkt an der S-Bahn-Trasse und nicht weit von der Stadtautobahn entfernt. Den Lärmschutz soll eine Orangerie bieten, an deren Konzept noch getüftelt wird.

Und dann gibt es auch noch die Variante, Büro- in Wohngebäude umzuwandeln – zum Beispiel am Kaiserdamm 86, wo Sanus in der ehemaligen Zentrale der Berliner Volksbank 30 Wohnungen schaffen will. Eine Umnutzung ist es laut Sanus-Chef Marc Wiese streng genommen allerdings nicht: Das Gebäude sei 1910 nämlich als Wohnhaus errichtet worden.

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