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Freudenberg-Areal: Günstige Wohnungen? Geht doch!

Nach langer Planung rückt die Bebauung des Freudenberg-Areals in Friedrichshain näher. Städtische Wohnungsbaugesellschaft und Bauträger kooperieren

Es ist eines der Wohnungsbauvorhaben in Berlin, die lange nicht recht vom Fleck kommen wollten: das Freudenberg-Areal in Berlin-Friedrichshain, gelegen zwischen Boxhagener Straße, Holteistraße und Weserstraße. Jetzt aber kommt Bewegung in das Großprojekt mit seinen 650 Wohnungen: „Wir haben dem Investor einen positiven Bauvorbescheid erteilt“, bestätigt Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Gleichzeitig hat die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge bekannt gegeben, 122 der geplanten Wohnungen gekauft zu haben und für durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter vermieten zu wollen.

Damit könnte das Freudenberg-Areal zum Modell für die Zusammenarbeit zwischen privaten Projektentwicklern und kommunalen Wohnungsunternehmen werden. „Die Kooperation von Bauträger und städtischer Wohnungsbaugesellschaft ist ein sinnvoller Weg, um gemischte Quartiere bei großen Neubauvorhaben sicherzustellen“, sagt eine Howoge-Sprecherin. Die kommunale Gesellschaft ist in diesem Modell für die preisgünstigen, öffentlich geförderten Wohnungen zuständig, das Privatunternehmen für die teureren Einheiten.

Im Fall des Freudenberg-Areals war allerdings ein langer Weg bis zum jetzigen Planungsstand zurückzulegen. Bis vor drei Jahren produzierte die Unternehmensgruppe Freudenberg mitten im Szenekiez Dichtungen für die Autoindustrie. Nachdem sie ihre Produktion nach Adlershof verlagert hatte, verkaufte sie das 26 000 Quadratmeter große Grundstück 2011 an die Bauwert Investment Group. Dieses Unternehmen hat in Berlin die Rosengärten auf dem ehemaligen Kleingartenareal in der Württembergischen Straße errichtet und baut momentan die luxuriösen Kronprinzengärten in Mitte.

In Friedrichshain indes soll kein Luxusquartier entstehen: Bauwert verpflichtete sich gegenüber dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, einen gewissen Anteil an preisgünstigen Mietwohnungen zu errichten. Allerdings kam es nach Angaben von Henning Hausmann, Leiter Investment bei Bauwert, nie zu einer Vereinbarung über diese Verpflichtung. „Die Forderungen des Bezirks wurden von einer Gesprächsrunde zur anderen umfangreicher“, blickt Hausmann zurück. Anfangs sei die Rede von 30 Wohnungen zu einer Durchschnittsmiete von 7,50 Euro pro Quadratmeter gewesen, später von 50 bis 60 Wohnungen zu 5,50 Euro pro Quadratmeter.

Inzwischen hat sich die Ausgangslage verändert: Seit kurzem fördert das Land Berlin den Bau von preisgünstigen Mietwohnungen wieder, wobei es im Gegenzug verlangt, dass die Höhe der Miete durchschnittlich nicht mehr als 6,50 Euro pro Quadratmeter beträgt. Diese vergünstigten Kredite kommen nun der Howoge zugute.

Konkret erwirbt die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft ein Gebäude an der Ecke Weserstraße/Holteistraße sowie ein weiteres an der östlichen Ecke des Grundstücks. Zum Kaufpaket gehört auch eine Kita mit 90 Plätzen. Alles in allem umfasst das Projekt auf dem Freudenberg-Areal rund 650 Wohnungen, die zwischen 45 und 100 Quadratmeter Wohnfläche aufweisen. „Es sind gut geschnittene, familiengerechte Wohnungen“, sagt Bauwert-Sprecher Hausmann. Dass die Zahl der Wohnungen höher ist als früher angegeben, begründet er damit, dass die Wohnungen im Durchschnitt kleiner werden als zunächst geplant. Hinzu kommen 5000 Quadratmeter Fläche für Läden und Arztpraxen an der Boxhagener Straße.

Eine Änderung gibt es auch beim Verhältnis zwischen Miet- und Eigentumswohnungen: Während Bauwert ursprünglich 40 Prozent Eigentumswohnungen errichten wollte, werden jetzt nur noch etwa 90 Wohnungen einzeln verkauft. Zieht man diese und die 122 Howoge-Wohnungen ab, so bleiben etwa 440 Mietwohnungen übrig. Diese will Bauwert an einen Großinvestor verkaufen, der sie dann für durchschnittlich 13 Euro pro Quadratmeter vermieten wird.

Voraussetzung dafür, dass die Pläne realisiert werden können, ist der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erteilte positive Bauvorbescheid. Angerufen wurde die Senatsverwaltung, weil der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg den von Bauwert eingereichten Antrag auf einen Bauvorbescheid in Teilen ablehnte, wonach Bauwert die Widerspruchsbehörde anrief – und das ist die Senatsverwaltung. Für die Erteilung der Baugenehmigung bleibt jedoch der Bezirk zuständig. Sollte dieser die Baugenehmigung verweigern, könnte sich Bauwert wieder an die Senatsverwaltung wenden.

Kritik an der Planung kommt weiterhin von einer Anwohnerinitiative. Bereits 2013 reichte die Ideenwerkstatt Freudenberg-Areal einen Einwohnerantrag gegen die Bauwert-Pläne ein, und im August wird sie die Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren starten. „Wir leiden im Kiez unter einem eklatanten Mangel an Grünflächen“, argumentiert Heidi Neppach, eine der drei Vertrauenspersonen für das Bürgerbegehren. Die geplante „dichte Baumasse“ auf dem Freudenberg-Areal werde die Situation weiter zuspitzen. Zudem werde der durch das Bauprojekt verursachte Zuzug zu einem weiteren Defizit an Kita- und Schulplätzen führen. „Aber wir sehen ein, dass es in der Innenstadt Wohnungen braucht“, sagt Neppach. „Deshalb sind wir für einen Kompromiss von 300 Wohnungen.“ Ferner kritisiert Neppach, dass sich Bauwert durch den Verkauf der günstigen Wohnungen und der Kita an die Howoge von den sozialen Verpflichtungen befreit habe.

Wenig beeindruckt vom Protest zeigt sich Bauwert-Sprecher Hausmann: „Wir haben jetzt gesichertes Baurecht, und wir sind Eigentümer des Grundstücks.“ Er rechnet damit, dass sein Unternehmen in diesem Jahr den Bauantrag einreichen und 2015 mit den Bauarbeiten beginnen wird, die dann zweieinhalb Jahre dauern werden. Und was den Grünanteil betreffe: Immerhin, sagt Hausmann, schaffe Bauwert auf dem Areal eine 5500 Quadratmeter große, öffentlich zugängliche Grünfläche.

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