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Immobilien: Pacht und Macht

Darf ein Eigentümer einer Hinterbliebenen kündigen, weil sie zum Stichtag ein bestimmtes Alter hatte?

WAS STEHT INS HAUS?

Mein Verpächter ist Eigentümer eines Grundstücks, von dem ein Großteil von der Gemeinde mit Nutzungsvertrag vom 2.10.1973 an meinen Ehemann und mich verpachtet wurde. Mein Mann war am 3. Oktober 1990 bereits 63 Jahre, ich war 52 Jahre alt. Wie ist die Situation nach dem Tod meines inzwischen 85-jährigen Ehegatten? Der Eigentümer würde das Grundstück gerne selbst nutzen und mit einem Einfamilienhaus bebauen. Mein Mann und ich meinen jedoch, dass der Nutzungsvertrag zu unserer beider Lebzeiten nicht gekündigt werden kann. Können Sie uns hier weiterhelfen?

WAS STEHT IM GESETZ?

Auf Rechtsverhältnisse an Grundstücken, die aufgrund eines Nutzungsvertrages bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem zu Wohnzwecken dienenden Bauwerk bebaut worden sind, oder die zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung überlassen werden, findet das Schuldrechtanpassungsgesetz Anwendung. Nach diesem Gesetz kann der Grundstückseigentümer eines solchen Grundstücks den Pachtvertrag nur unter besonderen Voraussetzungen kündigen. Ein absolutes Kündigungsverbot besteht zum Beispiel dann, wenn der Nutzer am 3. Oktober 1990 das 60. Lebensjahr vollendet hatte. Dann kann der Grundstückseigentümer zu Lebzeiten dieses Nutzers keine wirksame Kündigung aussprechen. Hier besteht die Besonderheit, dass Nutzer nicht nur Ihr Ehemann, sondern auch Sie als Ehefrau sind. Daher stellt sich die Frage, ob die Regelung für den Nutzer bei Ehepaaren zum Nachteil des Eigentümers so lange gilt, bis auch der andere, in der Regel jüngere Ehepartner verstorben ist. Das lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz nicht bejahen. Vielmehr wird mit dem Tod des älteren der Vertrag mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt. Es gilt also, die Voraussetzungen für die Kündigung unter diesen Bedingungen neu zu prüfen. Da die Ehefrau am 3. Oktober 1990 das 60. Lebensjahr nicht erreicht hatte, kann der Eigentümer (ab 2005) das Nutzungsverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Für die Beantwortung der Frage ist der Gesetzeszweck von Bedeutung. Mit dem Kündigungsausschluss sollte sichergestellt werden, dass die Nutzer von Grundstücken der vorliegenden Art nicht aus ihren angestammten Wohnungen und Häusern vertrieben werden. Hierfür hat man eine Altersgrenze von 60 Jahren zum Zeitpunkt der Wende gezogen. Dieser Schutzzweck endet jedoch mit dem Tod. Danach kann der Eigentümer den Vertrag kündigen, wenn er unter anderem das Grundstück zur Errichtung eines Ein- beziehungsweise Zweifamilienhauses als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt (Eigenbedarf). Hat er keinen vom Gesetz anerkannten Kündigungsgrund, kann er vom 4. Oktober 2015 an nach den allgemeinen Kündigungsvorschriften des Pachtrechts kündigen.

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