Immobilien: Was ich weiß, macht mich heiß
Nächstes Jahr wird der Energiepass für Gebäude Pflicht – wir waren bei einem der ersten Workshops in Berlin dabei
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Sie tasten sich sehr langsam heran, die Hauseigentümer, Vermieter und Verwalter. Ist ja noch lange hin, sagen sich wohl die meisten. Nur sechs von ihnen sitzen heute in dem Workshop der Berliner Energieagentur, in dem es um den Energiepass geht. Erst ab 1. Januar 2008 ist der Ausweis Pflicht für alle, die ein Domizil verkaufen oder neu vermieten wollen. Bei den umzugsfreudigen Berlinern – mehr als elf Prozent der Großstädter wechseln pro Jahr ihre Wohnung – dürfte der Energiepass also für die meisten Vermieter sehr schnell fällig werden. Da kann man die Vorausschauenden nur beglückwünschen. „Wenn im Herbst der Run auf die Energiepässe losgeht, wird sich das sicher auf die Preise auswirken“, sagt Architekt und Ingenieur Frank Lipphardt, der heute über die Grundlagen der Ausweispflicht informiert.
Die einzige Frau in der Runde ist Katja Göring. Sie hat zwar nicht vor, ihre Doppelhaushälfte in Oranienburg kurzfristig zu vermieten oder gar zu verkaufen. „Trotzdem. Mich interessiert, was man als Eigentümer machen kann, um Energie zu sparen.“ Bei der Tagesspiegel-Verlosung für einen Platz in diesem Workshop hat sie einen Platz gewonnen; ihr Partner hat einen Platz dazugebucht. Wer das Wissen nach Hause bringt, ist dem Paar egal – merken sie doch beide, dass die Ausgaben für Heizung und Warmwasser steigen. „Deshalb wollen wir weg von unserer Ölheizung. Wir möchten wissen, was es Neues auf dem Markt gibt.“ Dass sich die Investition etwa in eine Solaranlage erst Jahre später rechnet, weiß Katja Göring, doch neben den Zahlen spiele ja auch der Umweltgedanke eine Rolle. Deshalb lesen sie sich nicht nur in Zeitschriften schlau. Sie haben bereits einen Energieberater befragt, wie sie ihr betagtes Eigenheim über neue Dämmung und Fenster hinaus energiegerecht modernisieren können. Und nun sitzen sie im Workshop über diesen Ausweis, der Auskunft über den Energiestatus eines Gebäudes geben soll. In der Vorstellungsrunde wird klar, dass Katja Göring die Einzige ist, die kein kommerzielles Interesse am Energiepass hat. Alle anderen, die sich in der siebten Etage des Nobelneubaus an der Französischen Straße 23 versammelt haben, verwalten teils eigenes, teils fremdes Eigentum.
Frank Lipphardt erklärt, wann der Energiepass nötig ist, und erläutert, wann man zwischen den beiden Varianten, dem Verbrauchs- und dem Bedarfsausweis, wählen darf. „Welcher ist denn der teurere?“, will einer der Teilnehmer wissen. Dass der Unterschied zwischen Bedarfsausweis (er kostet zwischen 200 und 750 Euro) und Verbrauchsausweis (unter 100 Euro) beträchtlich ist, weiß ein anderer Hausverwalter am Tisch schon.
Besonders spannend sind für die Zuhörer die Rechte der Mieter: Können sie den Ausweis in Kopie verlangen? Wird das etwa Bestandteil des Mietvertrages? Architekt Lipphardt kann beruhigen. Der Mieter darf den Ausweis sehen – mehr nicht. Als vertrauensbildende Maßnahme wäre eine Kopie aber nicht schlecht, gibt der Referent zu bedenken. Fürs Mietrecht bleibt der Energiepass ein zahnloser Tiger. Denn energiesparende Modernisierungen soll der Mieter nicht einklagen können. Das habe der Gesetzgeber extra so eingefädelt, sonst wäre der Pass nicht durchsetzbar gewesen.
Der Teufel steckt im Detail, wie die Diskussionsrunde zeigt. Was wird, wenn nach dem Stichtag ein neuer Mieter seinen Vertrag unterschreiben will und der Ausweis liegt noch nicht vor? Macht sich der Vermieter dann strafbar? Die philosophische Antwort: Wo kein Kläger, da kein Richter. Aber „eine Ordnungswidrigkeit wäre das schon“.
Die Runde erfährt, wer den Ausweis wie ausstellen darf – und dass bei der Datenermittlung unterschiedliche Methoden zum Einsatz kommen können. Für ein Beispielhaus führt dies zu unterschiedliche Werten – aus Sicht der Kritiker ist die Ungenauigkeit ein großer Makel des Energiepasses.
Es gibt noch mehr Kritik: Mangelnde Vergleichbarkeit bemängelt zum Beispiel der Mieterbund an dem Pass, so wie er zurzeit definiert ist. Man stößt sich außerdem am Verbrauchsausweis, der auf Basis der Heizkostenabrechnung erstellt wird. Der dokumentiere nur das Heizverhalten der Vormieter, so die Argumentation. Dazu hätte die Organisation bei dieser Gelegenheit gern eine Pflichtquote für erneuerbare Energien bei Neubauten oder umfassenden Sanierungen gesehen und eine Verschärfung der Energie-Standards bei Neubauten gesehen.
Für die Teilnehmer der Workshops zählt aber nur, was ist, und nicht, was sein könnte. Am Ende sind die meisten zufrieden – es hat etwas gebracht, sagt selbst Katja Göring, die „nur“ wegen des eigenen Heims dabei war. „Ich habe viel gelernt“, sagt sie, „besonders die Infos über das CO2-Gebäudesanierungs-Programm sind nützlich.“
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