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Wirtschaft: Industrie fürchtet Boykott in den USA

Politischer Streit um den Irak-Kurs hat wirtschaftliche Folgen – US-Behörden bauen erste Handelshindernisse auf

Berlin/Washington (alf/lou/msh/pet). Der politische Konflikt zwischen Deutschland und den USA in der IrakFrage könnte vor allem langfristig Folgen für die exportorientierte deutsche Wirtschaft haben. Schon jetzt ist in den USA Zurückhaltung bei Ausfuhrkontrollen und auf staatlich regulierten Märkten zu spüren.

Die Wirtschaft hat nach Aussagen des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun, große Angst, dass die Störung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses zu beträchtlichen Schwierigkeiten für die Wirtschaft führen könnte. Gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) will der DIHK daher auch in die USA reisen, um dort für die Kontinuität der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern zu werben. Noch spüren deutsche Hersteller in den USA keine Kaufzurückhaltung. Aber, warnt Braun, die Amerikaner verhielten sich solidarisch mit ihrem Land.

Vertreter deutscher Firmen in den USA sind sich zwar einig, dass ihre amerikanischen Geschäftspartner sich nicht „nach der politischen Wetterlage“ richten. Dennoch gelten langfristig negative Auswirkungen als wahrscheinlich. So hält es Simon Serfaty, Europa-Experte beim Center for Strategic and International Studies in Washington, durchaus für möglich, dass amerikanische Konsumenten deutsche Produkte boykottieren. Diese Erfahrung hätten französische Firmen Anfang der 70er Jahre machen müssen, als Frankreich und die USA sich wegen der Nahostpolitik stritten. Air France habe damals stark darunter gelitten, berichtet Serfaty.

Zudem könnten Aufträge aus dem Pentagon ausbleiben. Das US-Verteidigungsministerium ist nicht nur für die Rüstungsindustrie ein wichtiger Auftraggeber, sondern auch für die Sicherheitstechnik oder Logistik. Robert Bergmann, Chef des Büros „Representative of German Industry and Trade“, das der BDI zusammen mit dem DIHK in Washington unterhält, berichtet schon jetzt von Problemen mit Exportkontrollen. Besonders die Ausfuhr von amerikanischen High-Tech- Produkten werde in den USA streng überwacht. „Früher konnten diese Probleme leichter politisch überwunden werden als heute“, berichtet Bergmann.

Dasselbe gelte für deutsche Unternehmen, die in regulierten Märkten wie der Telekommunikation tätig seien und etwa für Akquisitionen Lizenzen oder Genehmigungen vom US-Kongress benötigen. „Allgemein gilt: Sofern deutsche Unternehmen mit Regulierungsfragen in den USA zu tun haben, ist mit Einschränkungen zu rechnen – und die werden schon jetzt wahrgenommen.“

Beim Automobilhersteller Porsche hieß es auf Anfrage: „Unsere Kollegen in den USA sind unwahrscheinlich sensibel.“ Es gäbe durchaus die Befürchtung, dass ein Slogan wie „Do you buy a german car?“ die Stimmung vergiften könne, sagte ein Porsche- Sprecher. Zwar werde das Thema in den USA „nicht so emotional behandelt wie in Deutschland“. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, „dass sich das hochschaukelt“. Die USA sind der wichtigste Markt für Porsche. Andere urteilen vorsichtiger: Volkswagen wollte zum Thema überhaupt keine Stellung nehmen. BMW befürchtet keinerlei Auswirkungen. „Da wir Produkte für Endverbraucher anbieten, wirkt sich die Haltung der Bundesregierung sicher nicht schädlich auf unser Geschäft aus“, sagte ein Sprecher.

Der Chemiekonzern BASF sieht keine negativen Folgen weil seine Abnehmer vor allem Industriefirmen seien. Und der Pharmakonzern Schering erwartet ebenso keine Probleme. „Das sind doch nur politische Schaukämpfe“, sagte Schering-Sprecher Friedrich von Heyl. Siemens will das Thema nicht kommentieren und der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS glaubt nicht an negative Auswirkungen. „Unsere Beziehungen zu den USA sind langfristig angelegt.“

Der Sportartikelhersteller Adidas setzt darauf, dass er als internationale Marke und nicht als deutsches Produkt wahrgenommen wird. „Die Weltpolitik spielt beim Turnschuhkauf keine Rolle“, sagte ein Adidas- Sprecher. Entscheidend für das Verhalten der Konsumenten in den USA sei vielmehr, ob es zu einem Krieg im Irak komme.

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