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Ein Kugelschreiber liegt auf einem Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

© dpa/Jonas Walzberg

Insolvenzdynamik nimmt ab: Laut DIHK-Experte ist „noch keine Entwarnung in Sicht“

Mehr als 20.000 Unternehmen könnten nach Prognosen der DIHK dieses Jahr pleitegehen. Ein Insolvenzexperte sieht Trends, die das Investitionsklima negativ beeinflussen.

Stand:

Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist im Juni nicht mehr so stark gestiegen wie zuvor. Sie legte um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu, wie das Statistische Bundesamtes (Destatis) am Freitag auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Im Mai hatte die Pleitenzahl noch um 25,9 Prozent zugenommen. „Nachdem von Juni 2023 bis Mai 2024 durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten waren, lag damit im Juni 2024 erstmals wieder ein einstelliger Zuwachs vor“, erklärten die Statistiker.

Bei den Ergebnissen sei zu berücksichtigen, dass die Anträge erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen, hieß es weiter. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liege in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.

DIHK-Experte warnt vor einem „bedenklichen Negativtrend“

Die Amtsgerichte meldeten für April nach endgültigen Ergebnissen 1906 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren 33,5 Prozent mehr als im April 2023. „Der bedenkliche Negativtrend bei den Unternehmensinsolvenzen beschleunigt sich“, sagte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers und fügte an: „Seit nunmehr fast zwei Jahren gibt es bei den Unternehmensinsolvenzen im jeweiligen Vorjahresvergleich zweistellige Zuwachsraten.“

In diesem Jahr könnte laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) die Marke von 20.000 Unternehmenspleiten sogar durchbrochen werden – erstmals seit 2017: „Eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft im Griff“, so das Fazit von Evers. Es sei noch keine Entwarnung in Sicht.

Verunsicherung durch „schwieriges Marktumfeld“

Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im April laut Destatis insgesamt 5,5 Unternehmensinsolvenzen. Die meisten Pleiten entfielen in dieser Betrachtung auf den Wirtschaftsbereich Verkehr und Lagerei mit 10,1 Fällen. Danach folgten das Baugewerbe und die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen - so zum Beispiel Zeitarbeitsfirmen - mit jeweils 8,5 Fällen sowie das Gastgewerbe mit 7,4 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen.

Die schwache Konjunktur sorge weiter für ein schwieriges Marktumfeld, so die Einschätzung des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). Die überwiegend verhaltene Aussicht laste auch auf dem Investitionsklima: „Die schwache Konjunkturentwicklung, die voraussichtlich noch bis 2025 andauern wird, lässt derzeit viele Unternehmen bei Investitionen zögern“, erläutert der VID-Vorsitzende Christoph Niering. Langfristige Trends wie Digitalisierung und KI deuteten in eine Zukunft, in der viele kapitalintensive Maßnahmen überflüssig werden könnten: „In dieser Situation möchte niemand in Dinge investieren, die vielleicht schon bald nicht mehr gebraucht werden.“

Im Büroimmobilienmarkt sieht Niering ein klares Beispiel für diese Entwicklung: „Niemand traut sich derzeit eine langfristige Voraussage zu, ob wir den Bestand, der oft auch nicht mehr modernen Standards entspricht, in diesem Umfang wirklich noch brauchen.“ Für Investoren, die noch im vergangenen Jahrzehnt eingestiegen seien, ergäben sich so Bewertungsprobleme: „Für die finanzierenden Banken folgt daraus früher oder später ein Handlungszwang.“ (Reuters)

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