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Wirtschaft: Jeder fünfte Schering-Arbeitsplatz soll wegfallen

Berlin - Bayer plant im Berliner Werk einen drastischen Personalabbau. Rund 1000 der knapp 5500 Stellen wolle der Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern im früheren Schering-Stammwerk streichen, erfuhr der Tagesspiegel aus unternehmensnahen Kreisen.

Berlin - Bayer plant im Berliner Werk einen drastischen Personalabbau. Rund 1000 der knapp 5500 Stellen wolle der Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern im früheren Schering-Stammwerk streichen, erfuhr der Tagesspiegel aus unternehmensnahen Kreisen. Der Personalabbau solle bis zum Jahresende abgeschlossen sein, hieß es weiter. Bayer habe angekündigt, die Berliner Belegschaft am 2. März offiziell über die Pläne zu informieren.

Ein Sprecher von Bayer Schering Pharma (der früheren Schering AG) wollte dies auf Nachfrage nicht bestätigen. Konkrete Zahlen werde der Konzern erst bekannt geben, wenn die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern zu Ende geführt seien. „Wir gehen davon aus, dass dies noch im ersten Quartal 2007 erfolgen wird“, sagte Unternehmenssprecher Oliver Renner dem Tagesspiegel.

Sollte Bayer die Pläne wahrmachen, würde der Berliner Standort viel stärker in Mitleidenschaft gezogen, als bislang in der Stadt erwartet worden war. Die Leverkusener hatten den Berliner Produzenten von Anti-Baby-Pillen im vergangenen Jahr – nach langer Bieterschlacht mit dem Darmstädter Konkurrenten Merck – für knapp 17 Milliarden Euro übernommen. Mit einem Umsatz von mehr als neun Milliarden Euro ist Bayer Schering Pharma, so der neue Name, heute der größte Pharmakonzern in Deutschland. Die Schering-Führung hatte sich im vergangenen Jahr auch deswegen gegen Merck und für Bayer ausgesprochen, weil die Rheinländer versprochen hatten, Berlin als starken Pharmastandort zu erhalten.

Dass die Fusion trotzdem viele Arbeitsplätze kosten würde, war von Anfang an klar, offen blieb bislang nur, in welchem Ausmaß die einzelnen Standorte betroffen sein würden. Bayer-Chef Werner Wenning hatte gleich zu Beginn der Übernahmeverhandlungen vor elf Monaten angekündigt, dass rund 6000 Stellen im fusionierten Unternehmen gestrichen werden sollen – das entspricht zehn Prozent der Arbeitsplätze in der Gesundheitssparte. Personalanpassungen seien unvermeidlich, schon um Doppelfunktionen zu vermeiden, argumentierte der Pharma-Manager. Diese sollten aber „fair und sozialverträglich“ vorgenommen werden. Betriebsbedingte Kündigungen kämen nur als „Ultima Ratio“ in Frage. Eigentlich hatten Ex-Schering-Chef Hubertus Erlen und der Betriebsrat bereits Klarheit für Ende 2006 in Aussicht gestellt, doch die Bekanntgabe wurde immer wieder verschoben.

„Wenn es stimmt, dass hier so viele Arbeitsplätze wegfallen, steht das ganze Unternehmen still“, wurde in der Belegschaft befürchtet. Welche Bereiche des Weddinger Werkes von dem geplanten Jobabbau betroffen sein werden, ist aber offenbar noch unklar. Spekuliert wird, dass es vor allem die Entwicklung treffen könnte, wo mehr als 600 Mitarbeiter, darunter viele Chemiker und Laborkräfte, arbeiten. Weitere 100 Jobs könnten auch in der Verwaltung wegfallen.

Ein Teil der Belegschaft könnte bis dahin auch freiwillig gegangen sein. Im Dezember hatte der Bayer-Konzern bestimmten Mitarbeitergruppen von Schering ein Abfindungsangebot gemacht. Nach Angaben von Bayer-Schering-Sprecher Renner ist es bisher „auf guten Zuspruch gestoßen“. Details nannte er nicht. Aus dem Unternehmen war zu erfahren , dass bislang 25 Beschäftigte dem Angebot zugestimmt haben.

Die Mitarbeiter der Bayer-Gesundheitssparte bleiben dagegen vorerst vom Jobabbau verschont, eine Betriebsvereinbarung schließt bis Ende 2007 Kündigungen aus. Erst im kommenden Jahr dürfte das Thema im Zuge der Zusammenführung von Bayer Healthcare und Bayer Schering Pharma wieder auf die Tagesordnung kommen. Bayer-Chef Wenning will als Folge der Zusammenlegung von 2009 an jährlich 700 Millionen Euro einsparen.

Angesichts der bevorstehenden harten Einschnitte ist es in Berlin-Wedding noch sehr ruhig. „Viele wollen den Ernst der Lage nicht wahrhaben und hoffen noch, dass der Kelch an ihnen vorbeiziehen wird“, war aus dem Kreis der Beschäftigten zu hören. In den vergangenen Wochen hatten viele Führungskräfte das Unternehmen bereits verlassen (der Tagesspiegel berichtete) und sich neue Jobs in anderen Firmen gesucht. Auch Forschungsvorstand Marc Rubin hatte zum 31. Januar hingeschmissen. Nach seinem Abgang sitzt nun nur noch ein früherer Schering-Vorstand im Führungsgremium des neuen Pharmaunternehmens Bayer Schering Pharma – ein weiteres Signal, dass die früheren Schering-Manager nach der Fusion deutlich an Einfluss verlieren.

Maren Peters

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