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Wirtschaft: Jost Stollmann ist vorsichtig geworden

DÜSSELDORF .Er hat es nicht aufgegeben.

DÜSSELDORF .Er hat es nicht aufgegeben.Aber er ist sehr vorsichtig geworden.Der Mann hat zu viele Rollenwechsel hinter sich, um noch genau zu wissen, wen er gerade darstellt.

Vor ein paar Monaten noch verkündete der Unternehmer und Millionär Jost Stollmann unbefangen, daß man das SPD-Parteiprogramm nicht kennen müsse, um Wirtschaftsminister der SPD zu werden.Ein paar Wochen später erstarrte der große Junge im Kritikgewitter seiner Partei zur Aufziehpuppe.Der "Forrest Gump" der SPD stolperte durch Bonn und Berlin, nur, daß er kein Glück hatte.Er wurde von den eigenen Leuten aus dem Verkehr gezogen, tauchte als Wirtschaftsministerkandidat nach der Wahl überraschend wieder auf, und dann - noch überraschender - wieder ab.Später schmiß Stollmann hin, als ihm der Parteifreund und Finanzminister Oskar Lafontaine die Grundsatzabteilung des Wirtschaftsministeriums wegnahm.

Jetzt ist er wieder da.An diesem Abend vor Düsseldorfer Unternehmern spricht er wieder.Er ist nicht mehr hölzern, er ist nicht mehr staatstragend.Er ist nicht mehr das Produkt seiner Medienagentur.Aber auch nicht mehr der, der er vorher war.Jost Stollmann hat sich noch mehr aus der wirklichen Welt zurückgezogen.Computer und das Internet sind sein Thema, nicht mehr Subventionsabbau und Solzialversicherung.Politik werde er vielleicht einmal wieder machen, sagt er.Und schaut sich um, als stünde einer hinter ihm.Einer, der ihn wieder zwingen könnte, vor Menschen zu sprechen.

"Über meine Pläne spreche ich erst, wenn ich das für nötig halte", sagt er hastig.Schließlich gebe es andere Wege, etwas zu bewegen als die Politik in Bonn und in Berlin, sagt er.Zum Beispiel das Internet.Der öffentliche Druck, den der Bürger über dieses Medium ausüben könne, sei "gewaltig", schwärmt Stollmann.Kein Zweifel, der Mann will ihn nutzen.Einen Raum, mit dem man "Massen mobilisieren kann", ohne ihnen jemals gegenübertreten zu müssen, das ist eine feine Sache.

Doch heute will Stollmann nur als Unternehmer auftreten und über Unternehmertum reden.Ein weites, ein bekanntes Feld.Das Wort "Venture Capital" - wenn Jost Stollmann es ausspricht, dann klingt es nach Genuß, nach Spaß.Nicht nach Risikokapital und fehlenden Bankbürgschaften und zaudernden Genehmigungsbehörden.Es klingt nach Chance.Nach der Chance, eine Menge Geld zu machen.

Die "Kraft des Unternehmers" ist sein Thema auf dem Venture Capital-Forum in Düsseldorf.An die glaubt Stollmann noch immer - an Unternehmertum, an Kapital, an gute Ideen.An "verrückte Jungs", die mit Parteifunktionären so viel gemeinsam haben wie ein deutsches Tischfeuerwerk mit einem Vulkanausbruch.Er schwärmt von Silicon Valley, wo man problemlos "100 000 Bucks" - 100 000 Dollar - leihen könne, und er will auch den "verrückten Jungs" in Deutschland Mut machen: "Go ahead" sagt er.Stollmann spricht jetzt wieder gerne englisch - und schaut motivierend in die Runde seiner rund fünfzig Zuhörer.Jeder von den Jungen, die da sitzen, kann herausgehen und ein Unternehmen gründen.Erfolgreich sein, dem Beispiel des berühmten Jost Stollmann folgen, der auch herausging und sein Unternehmen zu einem erfolgreichen Konzern aufbaute.Der Millionär wurde Familienvater, Jachtbesitzer, Politiker.

Im Publikum allerdings sind Unternehmer rar.Immerhin, die Banker und Fachhochschulprofessoren, die sich in Düsseldorf versammelt haben, die verstehen ihn.Nur die verrückten Jungs sind nicht gekommen.

Und auch nicht "Betonköpfe", die Bundesregierung, "die keine Gelegenheit ausläßt, den Unternehmer zu loben - aber nix macht".Die Verhinderer, die Jost Stollmann doch so gerne ausgebremst hätte, bevor sie ihn ausbremsten.Dennoch ist er zuversichtlich, daß sich auch die deutschen Unternehmer "ihren Weg bahnen" werden.Denn "dieses Land ist gut für Erfolg" - selbst wenn die Bedingungen nicht stimmen."Vielleicht wäre es gut, wenn ein Unternehmer Wirtschaftsminister würde", Stollmann versucht einen Scherz - und erweckt den Verdacht, daß er die anderen Stollmänner doch noch nicht vergessen hat, die er in den vergangenen Monaten auch gab: den unbefangenen Unternehmer, der die Fehler erkannte, ohne politisch korrekte Lösungen für sie zu haben.Und den stets lächelnden Politrambo auch nicht.

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