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Keines Blickes würdigten sich Leo Kirch und Rolf Breuer (hinten).

© Reuters

Kirch und Breuer: Kampf der alten Männer

Ex-Medienunternehmer Leo Kirch und Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer treffen sich erstmals vor Gericht. Kirch wirft Breuer vor, durch Äußerungen über die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe die Pleite seines Konzerns verschuldet zu haben.

München - Nein, in die Augen schauen sich die beiden alten Männer nicht. Nicht nach einer neun Jahre andauernden erbitterten Fehde. Als der 84-jährige frühere Medienunternehmer Leo Kirch an diesem Freitagmorgen im Rollstuhl in den Gerichtssaal des Münchner Oberlandesgerichtes geschoben wird, verschränkt Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer die Arme. Nach einem kurzen Blick in Richtung Kirch widmet sich der 73-Jährige – braun gebrannt mit weißem Haar – schnell wieder dem Aktenstudium. Kirch, der wegen seiner jahrelangen Diabetes fast blind ist, heftet seinen Blick auf die Richterbank – weg von seinem Erzfeind, den er für die Insolvenz seines Medienimperiums verantwortlich macht.

Kirch blickt freundlich in die Runde. Er trägt einen Trachtenjanker, die gelbe Sonnenbrille legt er auf den Zeugentisch. Eine Vertraute hat er mitgebracht. „Ich bin Vorleserin, wenn Sie so wollen“, erklärt die ältere Dame. Denn Kirch kann dem Verfahren nur mit Mühe folgen. Vor vier Wochen, als er eigentlich vor Gericht aussagen sollte, ließ er den Auftritt in letzter Minute aus gesundheitlichen Gründen platzen. Seine Stimme ist leise und gebrochen, jedes Wort ist eine große Anstrengung. Daher lässt er eine Erklärung verlesen.

Kirch wirft Breuer vor, durch Äußerungen über die Kreditwürdigkeit der Kirch- Gruppe die Pleite seines Konzerns verschuldet zu haben, und verlangt Schadenersatz in Milliardenhöhe. Breuer hatte 2002 auf dem Höhepunkt der Kirch- Krise in einem Interview gesagt: „Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen.“ Aus Sicht von Kirch läutete diese Äußerung das Ende seines Imperiums ein. „Erschossen hat mich der Rolf“, sagte er damals. Breuer hatte vor vier Wochen an selber Stelle so etwas wie Reue gezeigt. Noch einmal, räumte er ein, würde er so etwas nicht sagen. Er habe aber nichts Böses gewollt, sondern Kirch eher vor weiteren Spekulationen schützen wollen. Um Beratermandate für die Deutsche Bank im Zuge einer Neuordnung der Kirch- Gruppe sei es nicht gegangen.

Die Gegenseite wirft Breuer vor, die Kirch-Gruppe mit Absicht sturmreif geschossen zu haben, um bei der anschließenden Neuordnung viel Geld zu verdienen. Breuer sei daran interessiert gewesen, in großem Stil mit der Kirch-Gruppe Geschäfte zu machen, beteuerte Kirch auch heute. Dies wäre wichtig, wenn er Schadensersatz bekommen will. Denn Geschäftsbeziehungen gab es zum Zeitpunkt von Breuers umstrittenen Aussagen noch nicht – womöglich aber vorvertragliche Beziehungen, auch dann wären Breuers Aussagen höchst heikel.

Aufgeben kommt für Kirch trotz seines Zustands nicht infrage: Eine gute Stunde steht er den Richtern Rede und Antwort – was wegen der Verständigungsprobleme aber sehr schwierig ist. Die Richter versuchen Kirch zu entlocken, wie eng seine Geschäftsbeziehungen zur Deutschen Bank waren. Weit kommt das Gericht bei der Vernehmung aber nicht. Nach einer Stunde schreitet Kirchs Arzt ein. Der 84-Jährige sei nicht mehr vernehmungsfähig, seine Befragung soll zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Die Fehde Kirch-Breuer, sie wird die Gerichte noch viele Jahre beschäftigen.HB/rtr

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