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Die Symbole für Mann und Frau auf unterschiedlich hohen Münzstapeln.

© Getty Images/iStockphoto/Wirestock

„Es kann sehr schnell gehen“ : Wann schließt sich die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen?

Am 7. März ist Equal Pay Day. Der Tag macht darauf aufmerksam, dass Frauen immer noch weniger verdienen als Männer. Kann sich diese Lücke schließen? Und bis wann ist es so weit? Drei Expertinnen antworten.

Von
  • Henrike von Platen
  • Alexandra Scheele
  • Uta Zech

Stand:

In diesem Jahr ist es der 7. März: Bis zu diesem Tag hätten Frauen über das vergangene Jahr hinaus arbeiten müssen, um auf das durchschnittliche Jahresgehalt von Männern zu kommen, das diese 2024 bekommen haben.

Denn Frauen und Männer verdienen auch in Deutschland immer noch unterschiedlich viel – im Durchschnitt. Zwar ist die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2024 erstmals seit 2020 wieder geschrumpft – von 18 auf 16 Prozent. Die bereinigte Lohnlücke ist allerdings unverändert geblieben: Wenn Faktoren wie Teilzeitarbeit und die schlechtere Bezahlung in typischen „Frauenberufen“ herausgerechnet würden, bliebe genau wie im Vorjahr 2023 eine Lohnlücke von sechs Prozent.

Wann schließt sich diese Lücke? Drei Expertinnen geben Einschätzungen. Mehr Folgen aus der Reihe 3 auf 1 lesen Sie hier.


Strukturelle Ursachen müssen beseitigt werden

Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: Sobald ihre strukturellen Ursachen beseitigt sind. Wenn frauentypische Berufe ihren Anforderungen entsprechend entlohnt werden, statt unterbezahlt zu sein. Wenn Sorgearbeit und Erwerbsarbeit paritätisch aufgeteilt werden, statt die unbezahlte Sorgearbeit von Frauen erledigen zu lassen. Wenn Frauen nicht mehr Teilzeit arbeiten müssen, um Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen. Wenn Unternehmen diskriminierungsfreie Gehaltsstrukturen haben und wir endlich die tradierten Rollenbilder losgeworden sind.

Wie lange das in Jahren ist? Tja, das hängt einerseits von der Regierung ab. Wie wichtig ist ihr Gleichstellung? Wie schnell setzt sie zielführende Maßnahmen um, wie die EU-Entgelttransparenzrichtlinie (sichert gleiche Bezahlung von gleicher und gleichwertiger Arbeit!), die Familienstartzeit und mehr nicht übertragbare Elterngeldmonate oder die Abschaffung des Ehegattensplittings?

Andererseits hängt es von uns allen ab: Bildet Banden, fordert endlich Geschlechtergerechtigkeit, weist überkommene Rollenbilder als Unfug zurück und wählt die Parteien, die es mit der Gleichstellung ernst meinen!


Ungleiche Einkommen können sich im Lebensverlauf auf 670.000 Euro summieren

Könnte man einfach die Entwicklung des Gender Pay Gaps in Deutschland seit 1995 für die Zukunft weiterdenken, sähe die Antwort so aus: Seitdem ist die Entgeltlücke von 21 Prozent auf aktuell 16 Prozent gesunken. Fünf Prozent in 30 Jahren? Dann wäre die Lohnlücke in gut 90 Jahren, also im Jahr 2115 geschlossen.

Ist das eine Aussicht? Sicher nicht. Die Frage ist doch, wie es dazu kommt, dass Frauen und Männer ungleiche Einkommen erzielen – die sich im Lebensverlauf auf bis zu 670.000 Euro summieren.

Erstens arbeiten Frauen und Männer in unterschiedlichen Berufen, und Frauen sind seltener in Leitungs- und Führungspositionen. Zweitens übernehmen Frauen noch immer einen Großteil der Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege für kranke und ältere Angehörige. Drittens ist die tatsächlich gezahlte Lohnhöhe bereits Ausdruck einer unterschiedlichen Bewertung und Bezahlung von Berufen. Hier spielen Geschlechterstereotype ebenso eine Rolle, wie historisch gewachsene Vorstellungen über den Familienernährer.

Und das bedeutet: Die Lohnlücke kann schneller geschlossen werden, wenn der Zugang zu Berufen nicht entlang von Geschlechterstereotypen erfolgt, Haus- und Familienarbeit gerechter verteilt wird und Entgeltsysteme und Einstufungen von Arbeitsplätzen überprüft werden.


Ein entscheidender Schritt ist die Transparenz in der Lohnstruktur

Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist. Die Schließung dieser Lücke ist nicht nur eine Frage der Zeit, sondern auch des Willens und der Maßnahmen. Es erfordert eine bewusste Anstrengung von Unternehmen, Politik und Gesellschaft, um gleiche Chancen und Bedingungen für alle zu schaffen.

Ein entscheidender Schritt ist die Transparenz in der Lohnstruktur. Nur wenn Gehälter offen kommuniziert werden, können Ungerechtigkeiten aufgedeckt und beseitigt werden. Es geht nicht darum, dass Frauen etwas tun oder verändern müssen, sondern dass das System sich ändern muss.

Es kann sehr schnell gehen, nur wenige Jahre, aber mit Sicherheit zu meiner Lebenszeit. Dafür engagiere ich mich und dafür zertifizieren wir Unternehmen, die es geschafft haben. Die Bundesregierung hat 2020 das Ziel formuliert, den Gender-Pay-Gap bis 2030 auf zehn Prozent zu senken, aber das ist nicht ambitioniert genug. Es gibt keine einfache Antwort auf die Frage, wann sich die Lohnlücke schließen wird. Doch eines ist sicher: Je mehr wir darüber sprechen und handeln, desto schneller werden wir Fortschritte sehen.

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