zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Kein Bündnis für Arbeit in den VW-Fabriken

HANNOVER / WOLFSBURG .Die 100 000 Beschäftigten von Volkswagen in Westdeutschland bekommen vom 1.

HANNOVER / WOLFSBURG .Die 100 000 Beschäftigten von Volkswagen in Westdeutschland bekommen vom 1.August an 3,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt.Hinzu kommen ein Erfolgsbonus für 1998 von 1600 DM sowie weitere 400 DM für das sogenannte Zeitwertpapier zur späteren Altersvorsorge.Darauf einigten sich der Wolfsburger Autokonzern und die Gewerkschaft IG Metall am frühen Freitag morgen nach einem 18stündigen Verhandlungsmarathon.Dagegen konnte die IG Metall sich bei der Übernahme von 6000 befristet Beschäftigten nicht durchsetzen.VW wird jeden Monat je nach Auftragslage von Werk zu Werk über die auslaufenden Arbeitsverträge entscheiden.Der Betriebsrat befürchtet nun, daß VW nicht alle 6000 auf Dauer beschäftigen will.IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine bezeichnete den Abschluß als "materiell akzeptabel, beschäftigungspolitisch bescheiden".Dies sei kein Modell für ein Bündnis für Arbeit.VW-Unterhändler Jochen Schumm lehnte jeden Kommentar ab.

In weiten Teilen der Belegschaft wurde der Lohnzuwachs begrüßt.Mit den 3,2 Prozent und dem Zuschlag beim Bonus entspreche die Lösung in der Summe der Tarifeinigung in der übrigen Metallindustrie, sagte Meine."Wir bedauern es außerordentlich, daß eine Regelung zur Übernahme dieser befristet Beschäftigten nicht gelungen ist", ergänzte er.Dieser Punkt sei an der Haltung von VW gescheitert.Der Konzern habe über einen langen Zeitraum niedrigere Einstiegslöhne für diese Mitarbeiter festschreiben wollen.Dies sei abgewehrt worden.

"Die Stimmung ist prima.Die Belegschaft freut sich", sagte der Geschäftsführer des Gesamtbetriebsrates, Hans-Jürgen Uhl.Doch werde jetzt die nicht erreichte Übernahme der 6000 befristet Beschäftigten "für die Betriebsräte ein Dauerthema." Es sei davon auszugehen, "daß VW und die jeweiligen Werksleitungen nicht jeden übernehmen wollen", sagte Uhl.Besonders betroffen sind laut Uhl die Werke Wolfsburg mit 3000 und Emden mit 2000 befristet Beschäftigten.Die IG Metall hofft, daß die Übernahme der befristet Beschäftigten auf betrieblicher Ebene gelingt."Sie werden nach wie vor gebraucht", falls es nicht zu einem Einbruch bei den Aufträgen komme, sagte Meine.Die erste Hälfte der Zeitverträge in den sechs Volkswagen-Werken in Westdeutschland läuft in diesem Jahr aus, 3000 weitere im kommenden Jahr.

In der Nacht hatten die Verhandlungen immer wieder gestockt.Zeitweilig war sogar von einem Scheitern die Rede.Mehrfach hatte sich die Kommission der IG Metall zu Beratungen zurückgezogen und dabei heftig um die eigenen Positionen gerungen.Dabei ging es dem Vernehmen nach vor allem um die Übernahme der 6000 befristet Beschäftigten.Zu Beginn der Verhandlungen am Donnerstag mittag hatten die Positionen noch weit auseinandergelegen.VW hatte 2,5 Prozent angeboten und wollte den Erfolgsbonus auf dem Vorjahresniveau von 1000 DM einfrieren.Doch bei dem reinen Tarifangebot von nur 2,5 Prozent hatte VW offenbar übersehen, daß diesmal die Rechnung vieler VW-Werker ganz einfach aussah: Wer den höchsten Gewinn der Konzerngeschichte einfährt (2,2 Mrd.DM) und mal eben für weit mehr als eine Mrd.DM Rolls Royce kaufen kann, der sollte für seine Beschäftigten mindestens soviel auf den Tisch legen wie andere Metallunternehmen.Und zwar vor allem jetzt und nicht erst für später nutzbare Zeitwertpapiere und Aktienpläne.Jetzt stehen die VW-Betriebsräte umso mehr unter Druck.Denn Monat für Monat wird nun vor allem in Wolfsburg und Emden gerechnet, ob die Auftragslage reicht, um die jeweils zum Monatsende auslaufenden Arbeitsverträge in unbefristete umzuwandeln.

Lohnverzicht ist innerhalb der IG Metall ein heißes Eisen.So war beim Kampf um die Gehaltsprozente in Europas größtem Autokonzern auch kein Platz für ein Signal zugunsten junger Arbeitsloser.Denn VW wollte 300 zusätzliche Lehrstellen schaffen, aber gegen einen Solidarbeitrag aller Auszubildenden.Das kam nicht durch.

Zur Startseite