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Wirtschaft: Kulanz nach Bedarf

Vielen Bahnkunden würde kaum einfallen, der Bahn zu großes Entgegenkommen gegenüber ihren Fahrgästen vorzuwerfen. Doch genau hier gibt es offenbar Probleme.

Vielen Bahnkunden würde kaum einfallen, der Bahn zu großes Entgegenkommen gegenüber ihren Fahrgästen vorzuwerfen. Doch genau hier gibt es offenbar Probleme. Das jedenfalls behauptet Frank von der WeideThiemig. Durch Zufall stellte der selbstständige Unternehmensberater vor gut einem Jahr fest, dass die Bahn-Mitarbeiter mit Verspätungsgutscheinen manchmal zu freigiebig sind. So konnten Weide-Thiemig und eine Gruppe Leipziger Studenten ICE-Fahrscheine, auf denen Verspätungen bestätigt worden waren, oft mehrmals bei verschiedenen Schaltern der Bahn vorlegen und die fälligen Gutscheine ebenfalls mehrmals einstreichen, bis das Ticket ordnungsgemäß entwertet wurde.

Die Bahn räumt ein, dass es Probleme mit dem Kulanzsystem gibt. Ein Sprecher sagte dem Tagesspiegel: „Trotz aller Kontrollen können wir nicht sicher sein, dass nicht der ein oder andere betrügt.“ Bis zur Einführung neuer Verbraucherrechte wird es aber keine grundlegende Änderung des Systems geben. In den vergangenen Wochen hat der Konzern allerdings die Bestimmungen für die Verspätungsgutscheine gestrafft. Sie sollen jetzt möglichst im Zug oder spätestens 72 Stunden nach Ankunft des Zugs an den „Service Points“ in den Bahnhöfen ausgegeben werden. Außerdem wurden die Bahnmitarbeiter erneut darauf hingewiesen, die Fahrscheine nach Ausgabe der Gutscheine auch tatsächlich zu entwerten. Und Bahnkunden können die Gutscheine nicht mehr kombinieren, sondern bei dem Kauf neuer Tickets jeweils nur noch einen anrechnen lassen.

Von der Weide-Thiemig hält einen Schaden von mehr als 100 Millionen Euro im Jahr für möglich. Die Bahn verweist dagegen darauf, dass 2003 Verspätungsgutscheine für acht Millionen Euro eingelöst wurden. „Und das deckt sich in etwa mit unseren Verspätungen“, sagte der Bahnsprecher. Bloß wurden in den vergangenen Jahr wesentlich mehr Kulanzscheine im Auftrag der Bahn gedruckt. Die Bahn begründet das damit, dass viele Stellen Gutscheine auf Vorrat halten müssten. Aber ganz sauber geht es auch hier nicht zu. Gegen zwei Bahnangehörige wird derzeit wegen Betrügereien ermittelt. hop

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