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Finanzkrise: Lage am US-Arbeitsmarkt verschärft sich

Die Arbeitslosenquote hat in den USA im Juni den höchsten Stand seit mehr als einem Vierteljahrhundert erreicht. Eine Konjunkturwende ist vorerst nicht zu erwarten

Im Juni stieg nicht nur die Arbeitslosenquote auf 9,5 Prozent, sondern auch die größte Volkswirtschaft der Welt büßte nach Mitteilungen des US-Arbeitsministeriums 467.000 Stellen ein. Das sind deutlich mehr als von Experten erwartet wurde. Volkswirte hatten lediglich mit einem Verlust zwischen 350.000 und 365.000 Jobs gerechnet. Manche Experten befürchteten sogar, dass die Arbeitslosenquote in diesem oder nächsten Jahr zweistellig werden könnten.

Die bereits erreichte Quote von 9,5 Prozent – nach 9,4 Prozent im Mai – ist die höchste seit August 1983. Seit dem offiziellen Beginn der Rezession in den USA im Dezember 2007 gingen bereits 6,5 Millionen Jobs verloren. Im Juni erstreckten sich die Einbußen über zahlreiche Wirtschaftsbereiche, teilte das Ministerium mit. Besonders betroffen seien aber das verarbeitende Gewerbe, Dienstleistungen und der Bausektor. Im Mai hatten die USA revidiert lediglich 322.000 Jobs eingebüßt.

John Silvia der Chefökonom der US-Bank Wachovia sagte der Fachagentur Bloomberg, "die Herausforderung für die Obama-Regierung wird es sein, dass es zwar Wirtschaftswachstum geben wird, aber noch keine Zuwächse bei den Stellen. Das wird hart für sie werden." Die Arbeitslosigkeit in den USA werde noch mehrere Jahre schmerzhaft hoch bleiben, sagte die Präsidentin der regionalen US-Notenbank von San Francisco, Janet Yellen. Es sei zwar zu erwarten, dass sich im Laufe dieses Jahres wieder ein Wachstum einstelle, sie sei aber nicht optimistisch, dass die Wirtschaft schon in Bälde wieder normal läuft, räumte sie ein.

Im wichtigen US-Dienstleistungssektor, zu dem Banken, Versicherer, Restaurant und Einzelhändler zählten, fielen im Juni 244.000 Jobs weg, im Mai waren es 107.000. Die schwer gebeutelte Baubranche strich 79.000 Stellen, im Vormonat waren es nur 48.000.

Als Reaktion auf den unerwartet hohen US-Stellenabbau im Juni haben Anleger verstärkt sichere Festverzinsliche nachgefragt. Die Europäische Zentralbank (EZB) entschied wie erwartet, den Leitzins in der Euro-Zone bei einem Prozent zu belassen und sorgte damit am Renten- und Devisenmarkt kaum für Aufregung. Anleger erhofften sich vielmehr vom EZB-Chef Jean-Claude Trichet Aussagen zum Ankaufprogramm für Pfandbriefe und zum in der vergangenen Woche aufgelegten 12-Monats-Tender.

In Schweden hatte die Riksbank überraschend den Leitzins auf ein historisches Tief von 0,25 Prozent gesenkt und angekündigt, das Zinsniveau über die nächsten Monate konstant zu halten. Außerdem sagte sie, nach dem Vorbild der EZB, den Banken Kredite über zwölf Monate zu einem festen Zinssatz zu.

Im Euroraum gab es zuletzt Vorwürfe, dass die Banken die von der EZB bereitgestellte Liquidität nicht an ihre Kunden weitergeben. Experten befürchten für den Herbst eine Kreditklemme, weil die Banken wegen der Rezession immer weniger Geld verleihen und zugleich die Folgen der Finanzkrise noch nicht abgearbeitet haben.  

ZEIT ONLINE, aku, Reuters, dpa

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