Wirtschaft: Luft- und Raumfahrt geht erst 2004 wieder auf Kurs Verband rechnet dieses Jahr mit Stellenabbau und Umsatzminus
Berlin (fw). Die deutsche Luft und Raumfahrtindustrie steckt in der Krise.
Berlin (fw). Die deutsche Luft und Raumfahrtindustrie steckt in der Krise. „Im Jahr 2003 sind 4000 Arbeitsplätze in unserer Industrie gefährdet“, sagte Rainer Hertrich, Präsident des Bundesverbands der Luft- und Raumfahrtindustrie, am Mittwoch in Berlin. Nach einem Umsatzeinbruch um 7,9 Prozent im Jahr 2002 rechne er mit weiteren Umsatzeinbrüchen in diesem Jahr. „Frühestens ab dem Jahr 2004 ist die Talfahrt überwunden“, kündigte Hertrich an. Mit einer Exportquote von gut 72 Prozent sei die deutsche Luft-und Raumfahrtindustrie von der globalen Wirtschaftsflaute besonders hart betroffen, erklärte Hertrich, der auch Chef des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS ist. Die Unsicherheit angesichts des drohenden Irak-Kriegs sei „schleichendes Gift für die Wirtschaft und natürlich auch für uns.“
Die Branche leidet vor allem unter der Krise in der Luftfahrt. Schon vor dem 11. September hatten die Luftfahrtgesellschaften Probleme mit Überkapazitäten und geringem Passagieraufkommen. Die Terroranschläge und die schwächelnde Konjunktur haben die Passagierzahlen weiter nach unten gedrückt. Die Iata (Internationale Lufttransportvereinigung) schätzt die kumulierten Verluste aller Fluggesellschaften für das vergangene Jahr auf 13 Milliarden Dollar. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sank die Gesamtzahl der Flugpassagiere auf deutschen Flughäfen im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent auf 113,7 Millionen. Darunter leidet auch die Luftfahrtindustrie, da die Fluggesellschaften weniger Flugzeuge bestellen. Die zivile Luftfahrt deckt 68,3 Prozent des Branchenumsatzes ab.
In diesem Jahr hofft der BDLI, dass die Auftragslage bei der EADS-Tochter Airbus wenigstens gleich bleibt und so 300 Flugzeuge bestellt werden können. 2001 waren es noch 325 Maschinen gewesen, im vergangenen Jahr nur noch 303. Die beiden Insolvenzverfahren der Flugzeughersteller Fairchild Dornier und Cargolifter hätten die Branche rund 1200 Arbeitsplätze gekostet. Mittelfristig, wenn die weltpolitischen Spannungen abgenommen hätten, rechnet Hertrich damit, dass die Zahl der Passagiere pro Jahr um fünf Prozent ansteigt. Im Cargogeschäft glaubt er an ein Plus von sechs bis sieben Prozent. Auch vom Boom der Billigflieger erhofft sich Hertrich neue Aufträge. Die militärische Luft- und Raumfahrtindustrie sei stabil geblieben – sie habe im vergangenen Jahr 30 Prozent am Branchenumsatz ausgemacht.
Schwere Krise in der Raumfahrt
Eine „schwere Krise“ gebe es jedoch in der Raumfahrtindustrie, sagte Hertrich. Sie ist mit neun Prozent des Umsatzes und 5900 Beschäftigten deutlich kleinstes Standbein der Branche. Durch den Einbruch der Telekommunikationsbranche und die ungewisse Zukunft der europäischen Trägerrakete Ariane befinde sich die europäische Industrie in einem „harten Umstrukturierungsprozess“, so Hertrich. Der „tragische Unfall“ der US-Raumfähre Columbia sei ein weiterer Rückschlag für die Raumfahrt, werde sich aber zunächst nicht negativ auf die deutsche und europäische Industrie auswirken. Deren größte Hoffnungen richteten sich derzeit auf das Satellitennavigationssystem Galileo.
Von Bundesregierung und Bundestag forderte Hertrich, die geplante „drastische Kürzung“ der Mittel für das nationale Raumfahrtprogramm um 25 Prozent komplett zurückzunehmen. Wie diese Zeitung berichtete, möchte der Haushaltsausschuss des Bundestages im Etat für 2003 nun doch mehr als die zunächst vorgesehenen 118 Millionen Euro für das Programm bereitstellen. „Das begrüße ich, aber wir bestehen auf den ursprünglich eingeplanten 159 Millionen Euro“, sagte Hertrich. Auch bei den internationalen Budgets, zum Beispiel für das Programm der Trägerrakete Ariane, dürfe es keine Kürzungen der Summen geben.
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