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Wirtschaft: Maastricht-Sanktionen bringen Länder in Bedrängnis

Nicht nur der Bund muß bei der Verschuldung Maß halten / Verursacherprinzip in der DiskussionVON TOM WEINGÄRTNER BONN.Noch in diesem Jahr will Bundesfinanzminister Theo Waigel zu einer Verständigung mit den Ländern darüber kommen, wie die Verpflichtungen aus dem Europäischen Stabilitätspakt auf den Bund und die einzelnen Länder verteilt werden.

Nicht nur der Bund muß bei der Verschuldung Maß halten / Verursacherprinzip in der DiskussionVON TOM WEINGÄRTNER

BONN.Noch in diesem Jahr will Bundesfinanzminister Theo Waigel zu einer Verständigung mit den Ländern darüber kommen, wie die Verpflichtungen aus dem Europäischen Stabilitätspakt auf den Bund und die einzelnen Länder verteilt werden.Innerhalb der EU hat Waigel durchgesetzt, daß jeder, der das zulässige Defizit überschreitet, eine Strafe an die EU abführen muß.Dafür steht der Bund zunächst alleine ein.Immerhin haben die Länder jetzt eingeräumt, daß die Forderung des Bundes nach Defizitgrenzen auch für die anderen Gebietskörperschaften zurecht besteht.Eine "verbindliche Regelung" zur innerstaatlichen Aufteilung des Defizits soll her, hat die Konferenz der Länderfinanzminister jetzt in Bonn beschlossen. Umstritten zwischen den Ländern ist allerdings, wie eine "verbindliche Regelung" aussehen könnte.Möglichkeiten gibt es verschiedene.Theo Waigel will das Verfahren durch ein einfaches Gesetz regeln und die Defizite selbst nach Absprache im Finanzplanungsrat durch eine Rechtsverordnung festlegen.Das wäre auch den finanzstarken Ländern Hessen und Nordrhein-Westfalen recht, diese verlangen dafür aber eine Änderung des Grundgesetzes.Dagegen wiederum sind die Bayern, die das Problem in einem Staatsvertrag regeln wollen.Das wäre auch den Baden-Württembergern am liebsten.Die finanzstarken Länder eint, daß sie an einer möglichst wasserdichten Regelung auch für die Aufteilung möglicher Sanktionen interessiert sind.Werden die finanzschwachen Länder nicht wirksam an höheren Defiziten gehindert als sie nach Maastricht zulässig sind, so ihre Befürchtung, kommt die Last der Sanktionen nach dem Bund zunächst auf sie zu. "Orientierungsgrößen" des Finanzplanungsrates, die den finanzschwachen Ländern am liebsten wären, lehnen die finanzstarken deshalb strikt ab.Auch über für die Aufteilung der Sanktionen haben sich die Finanzminister nur auf einen Formelkompromiß verständigt.Wird das deutsche Defizit überschritten und eine Zahlung an Brüssel fällig, dann sollte sie nach dem "Verursacherprinzip" erfolgen.Auch darunter verstehen finanzstarke und -schwache Länder etwas anderes.Für die ersten ist damit eine "objektive" Überschreitung des Defizits gemeint.Letztere möchten die Sache "politisch" verstanden wissen.So müsse beispielsweise der Bund auch für die Defizite der Länder in Brüssel geradestehen, wenn diese dadurch entstehen, daß den Ländern zusätzliche Aufgaben aber nicht die dafür notwendigen Einnahmen übertragen werden.Eine gewisse Annäherung zwischen den Ländern gibt es inzwischen darüber, wie das Defizit, das insgesamt auf sie entfällt, zwischen den Ländern aufgeteilt werden soll.Auch hier gibt es den gleichen Frontverlauf.Die finanzschwachen Länder wollen bei dieser Gelegenheit ihre Altlasten berücksichtigt sehen.Ausschlaggebend sollen deshalb die Schulden sein, die heute gemacht werden.Die besser situierten Länder würden dadurch nach dem Finanzausgleich noch einmal indirekt an der Begleichung dieser Schulden beteiligt - was sie verhindern wollen.Sie plädieren für eine Aufteilung nach einem objektiven Maßstab wie der Zahl der Einwohner.In einer Übergangsregelung soll nun das gegenwärtige Defizit jedes Landes Berücksichtigung finden, langfristig aber alleine die Zahl der Einwohner darüber entscheidet, wieviel Schulden ein Land machen darf.Vollkommen einig sind sich die Länder darüber, daß sie die von Waigel vorgeschlagene Aufteilung von 1 : 1 zwischen Bund und Sozialversicherung auf der einen, Ländern und Gemeinden auf der anderen Seite ablehnen.Der Bund dürfe höchstens 40 Prozent des Kreditspielraumes in Anspruch nehmen, auf Länder und Gemeinden würden die restlichen 60 Prozent entfallen.Waigel hat das sofort zurückgewiesen und besteht weiter auf fifty-fifty.Einen Hebel, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, hat er aber nicht.Der Minister hat sich im Gegenteil selber unter Zeitdruck gesetzt.Vom "nationalen Stabilitätspakt" der Deutschen soll ein Signal für die anderen Mitglieder der Währungsunion ausgehen, die im nächsten Frühjahr bestimmt werden.Die Länder haben keine Eile, denn die Aufteilung von Defiziten und Sanktionen steht frühestens 1999 an.

TOM WEINGÄRTNER

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