Wirtschaft: McZahn im Wartezimmer
Dental-Discounter findet nicht genügend große Praxen und wächst langsamer. Jetzt sollen Patienten in Bussen behandelt werden
Düsseldorf - Der Dental-Discounter McZahn kann den Ansturm von Patienten nicht bewältigen. Die wegen ihrer Billig-Kronen aus China von alteingesessenen Zahnärzten gefürchtete Kette findet nicht schnell genug bezugsfertige große Räume und schraubt deshalb ihre Wachstumspläne zunächst zurück. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben jetzt gut 300 Praxen bis 2009 eröffnen. Im Herbst hatte das Unternehmen angekündigt, im selben Zeitraum mit 450 Praxen den Markt aufrollen zu wollen.
„Wir setzen jetzt aber auf größere Praxen mit sechs bis acht Stühlen“, sagte McZahn-Vorstandssprecher Werner Brandenbusch dem Tagesspiegel. Weil solche Großpraxen bislang selten sind, müssen meist ganze Büroetagen umgewidmet werden. Das gestaltet sich schwierig. Und bestehende Großpraxen wollen offenbar ungern ins McZahn-System wechseln, bei dem mindestens 20 Prozent des Umsatzes an die Zentrale abgeführt werden müssen. Um des Patienten-Staus Herr zu werden, bringt McZahn nun Behandlungs-Busse auf die Straße. Die komplett mit zahnmedizinischem Behandlungsraum, Röntgensystem und Labor eingerichteten Fahrzeuge sollen vor allem Altenheime ansteuern.
Mit den zunächst geplanten kleinen Praxen ist McZahn offenbar nicht zurechtgekommen. Vor allem sei es schwieriger als erwartet gewesen, die langen Öffnungszeiten mit nur einem Zahnarzt aufrechtzuerhalten, heißt es im Unternehmen. McZahn hat von sieben bis 21 Uhr geöffnet, samstags von zehn bis 15 Uhr. In der Anfang Februar eröffneten Stuttgarter Praxis reicht auch das nicht: 2000 Behandlungsanfragen in der ersten Woche habe es gegeben, nun muss die Zentrale beim Terminmanagement helfen. Für die noch nicht geöffnete Praxis in Düsseldorf habe McZahn mehr als 300 Vorreservierungen, für die Praxis in Köln stehen demnach noch mehr potenzielle Patienten Schlange.
„Die geplanten Umsätze werden mit dem Faktor zehn übertroffen“, sagte Brandenbusch. Man habe die Einnahmen pro Praxis anfangs sehr vorsichtig kalkuliert. Nun entschlössen sich Patienten aber häufiger als erwartet, kostenpflichtige Zusatzangebote in Anspruch zu nehmen.
Bislang hat die McZahn AG mit Sitz in Willich am Niederrhein nach eigenen Angaben vier Filialen: Zwei in Krefeld und je eine in Bünde und Stuttgart. In Berlin solle im kommenden Sommer eine Praxis eröffnet werden.
„Es hat sich ein großes Kostenbewusstsein bei den Patienten entwickelt“, erklärt Reiner Kern von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) das Phänomen McZahn. Allerdings sei die Grundversorgung für Geringverdiener auch in herkömmlichen Praxen kostenfrei. „Und man kann den bisherigen Zahnarzt des Vertrauens durchaus fragen, ob er den Zahnersatz ebenfalls günstig aus dem Ausland besorgen kann.“
Seit September 2006 lockt McZahn Patienten mit dem Werbespruch „Zahnersatz zum Nulltarif“. Brücken und Kronen sollen nicht mehr kosten, als die Kassen erstatten. Das Konzept hat bereits Nachahmer gefunden: Ende 2006 eröffnete die erste Filiale der Billig-Konkurrenz von Dr. Z in Düsseldorf.
Besonders das Franchise-Vertriebssystem von McZahn hatte in der Branche für Unmut gesorgt. Im Gegenzug für die Umsatzabgabe bekommen Zahnärzte für nur 35 000 Euro eine Praxis gestellt, üblicherweise liegen die Kosten laut KZBV zehnmal höher. In dem System würden Ärzte „Erfüllungsgehilfen von Renditezielen“, kritisiert der Verband Deutscher Zahntechnikerinnungen. Das Billigkonzept werde an den Ansprüchen der Patienten scheitern, hatten dagegen andere Zahnärzte vorhergesagt. McZahn hat jetzt bei der Universität Köln eine Qualitätskontrolle für den in China hergestellten Zahnersatz in Auftrag gegeben, Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Nils-Viktor Sorge