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Millionen offenbar zweckentfremdet: René Benkos Signa soll Investorengelder verschoben haben
René Benko muss sich im Dezember erneut vor Gericht verantworten. Währenddessen sind die Ermittler offenbar auf heimliche Geldverschiebungen in seinem kollabierten Firmenimperium gestoßen.
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Wenn es in René Benkos Firmenimperium finanziell eng wurde, floss offenbar Geld dorthin, wo es gerade gebraucht wurde – auch wenn es eigentlich für andere Zwecke gedacht war. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf Zeugenaussagen und E-Mails von Mitarbeitern der kollabierten Signa-Gruppe, die dem Nachrichtenmagazin vorliegen. Millionen Euro, die Investoren zweckgebunden für den Bau von Immobilien gezahlt hatten, wurden demnach zu anderen Firmenteilen weitergeleitet.
Eine ehemalige Signa-Finanzmanagerin soll Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien erzählt haben, wie Beträge von Konten der Projektgesellschaften, „wo sie nicht notwendig waren“, zu übergeordneten Signa-Firmen „nach oben geleitet“ wurden, berichtet der „Spiegel“. Signa-Finanzchef Manuel Pirolt habe die benötigten Geldsummen genannt, „und wir haben geschaut, wo wir freies Geld sammeln können“, wird sie in dem Bericht zitiert.
Mehrere Investoren beklagen laut „Spiegel“, dass sie bestimmte Bauprojekte finanzierten und Gelder anschließend ohne ihr Wissen zu Signa-Töchtern weitergeleitet worden seien. Mit den Insolvenzen in Benkos Firmenimperium ist das Geld nun weg.
Saudi-arabischer Staatsfonds sieht sich getäuscht
Einer dieser Investoren soll der saudi-arabische Staatsfonds PIF sein, heißt es in dem Bericht. Dieser habe 187 Millionen Euro in das „Projekt Franz“ gesteckt, in dem Büroflächen in der Münchner Innenstadt entstehen sollten.
Dokumente legen dem „Spiegel“ zufolge nahe, dass selbst die Liquiditätsreserve von sechs Millionen Euro auf einem geblockten Konto Anfang 2023 zu einer Signa-Tochter geschoben wurde und dort offenbar bis zur Insolvenz verblieb. Auf Bedenken eines Mitarbeiters habe der Signa-Finanzchef beschwichtigt: „Bekommst es eh in ein paar Tagen zurück.“
Auch bei der früher zur Signa gehörenden Warenhauskette Galeria sollen Gelder verschoben worden sein. Im Mai 2022 soll ein Signa-Mitarbeiter laut „Spiegel“ an Kollegen geschrieben haben: „Manuel sucht Geld, um am Freitag Steuern in der Galeria Properties zahlen zu können.“ Dem Unternehmen gehörten unter anderem die Immobilien, in denen sich die Kaufhäuser befanden. Mehrere Kollegen sollen Gelder angeboten haben. „Wir nehmen alles“, soll eine Person geantwortet haben, als genug Angebote zusammen waren.
U-Haft bis Januar verlängert
Am 10. Dezember muss sich Benko in einem zweiten Prozess vor dem Landesgericht Innsbruck verantworten. Die Anklage wirft ihm vor, im Zuge seiner Insolvenz als Einzelunternehmer Vermögenswerte vor seinen Gläubigern versteckt zu haben. Konkret geht es um 120.000 Euro in bar sowie elf Luxusuhren und weitere Wertgegenstände im Gesamtwert von fast 250.000 Euro. Eine weitere Person ist mitangeklagt. Der Strafrahmen liegt zwischen einem und zehn Jahren Haft.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien entschied am Montag nach einer routinemäßigen Haftverhandlung, dass der 48-Jährige für weitere zwei Monate in Untersuchungshaft bleibt. Die U-Haft wurde bis zum 12. Januar 2026 verlängert. Als Grund nannte das Gericht die fortbestehende Tatbegehungsgefahr. Benko nahm an der Verhandlung per Videokonferenz aus der Justizanstalt Innsbruck teil. Gegen den Beschluss ist eine Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien möglich.
Benko war bereits in einem ersten Prozess im Oktober zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er durch die Rückgabe einer Schenkung an seine Mutter die Insolvenzmasse geschmälert hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, seine Verteidigung hat Berufung eingelegt. Von einem zweiten Vorwurf wurde Benko in diesem Verfahren freigesprochen. Er selbst weist alle Vorwürfe zurück.
Weitere Anklagen könnten folgen. Die WKStA ermittelt insgesamt in mehr als einem Dutzend Strängen gegen Benko und weitere Personen. Dabei geht es unter anderem um Betrug, Untreue sowie verschiedene Korruptionsdelikte. Auch in Deutschland und Italien laufen Ermittlungen.
Größte Pleite der österreichischen Nachkriegsgeschichte
Benko hatte mit Immobiliengeschäften ein Milliarden-Imperium aufgebaut. Dazu zählten Prestigeprojekte wie der Hamburger Elbtower, die Warenhauskette Galeria und das Chrysler Building in New York.
Hohe Baukosten, steigende Zinsen und Energiepreise brachten das verschachtelte Firmengeflecht Ende 2023 jedoch zu Fall. Gläubiger meldeten Forderungen in Milliardenhöhe an. Es handelt sich um die größte Pleite in der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Experten rechnen mit einer jahrelangen juristischen Aufarbeitung. (Tsp/Reuters)
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