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Interview: "Opel lebt von der Vergangenheit"

Michael Brandtner, Spezialist für strategische Marken- und Unternehmenspositionierung, begründet, warum die Marke Opel ein Imageproblem hat

Herr Brandtner, wofür steht Opel?

Opel ist nurmehr ein weiterer deutscher Autoproduzent. Das ist das Problem: Die Marke wird in keinem Bereich als führend wahrgenommen. So ähnlich wie ein weiteres Waschmittel, das im Schatten von Persil oder Ariel steht.

Opel wirbt mit dem Slogan „Wir leben Autos“. Ist das glaubwürdig?

Die Marke lebt von der Vergangenheit, nicht von der Zukunft. Man verfügt über Stammkunden und ein großes Händlernetz, aber das trägt nicht für die Zukunft.

Was macht Opel falsch?

Der Bruch kam Ende der 80er Jahre. Bis dato wurde das Duell Opel und VW hochstilisiert: Golf gegen Kadett, Passat gegen Vectra, Polo gegen Corsa. Dann brach die Modellitis aus. Die Produktpalette wurde ausgeweitet, man gab viel Geld für Nischenmodelle aus, der Massenmarkt wurde vergessen. VW gewann Marktanteile. Opel wollte mit Gewalt wachsen und hat die Marke verwässert. Das Flickwerk zeigt sich im Wechsel der Slogans: Erst „Technik, die begeistert“, dann „Frisches Denken für bessere Autos“, „Entdecke Opel“ und jetzt „Wir leben Autos“.

Welchen Einfluss hat General Motors (GM) auf das Markenimage?

Eigentlich gar keinen. GM hat der Marke Opel relativ viele Freiheiten gelassen. Man hat ihr kein amerikanisches Image oder US-Modelle aufgedrückt. Erst in der Krise wird der Einfluss von GM stärker wahrgenommen. Früher war es egal, wem Opel gehört. Heute trägt GM die Schuld.

Profitiert Opel vom „Made in Germany“?

Das Prädikat gehört immer dem Marktführer. Wenn man die Nummer vier oder fünf ist, fällt es nicht mehr ins Gewicht.

Mit neuen Modellen überzeugt Opel Fachpublikum und Kunden. Bessert sich das Image, wenn die Produkte besser werden?

Neue Modelle ändern das Image nur kurzfristig, solange sie neu sind. Eine Automarke muss aber wissen, wofür sie langfristig steht. Wenn jemand am Stammtisch gefragt wird, warum er einen Insignia gekauft hat, wird er wahrscheinlich sagen: Weil es 20 Prozent Rabatt gab. Audi- Fahrer erzählen vom Allradantrieb, BMW-Fahrer von der Beschleunigung.

Kann die Marke Opel mitten in der Krise neu aufgestellt werden?

Die Frage ist, ob Opel ohne Neupositionierung die Krise überlebt. Man muss irgendwann die Reißleine ziehen. Die Geschichte zeigt, dass viele gute Ideen in der Not geboren wurden. Opel steht am Abgrund, der Zeitpunkt für eine Neuorientierung ist da. Sonst ist die Marke erledigt.

Das Interview führte Henrik Mortsiefer

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