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Wirtschaft: Preisverfall treibt Kabel-Firmen zu Kartell-Absprachen

Kartellamt verschickt Bußgeldbescheide / Alle namhaften Hersteller unter Verdacht / Branche steht mit dem Rücken zur Wand BERLIN (hej).Das Bundeskartellamt hat erste Bußgeldbescheide gegen die Anbieter von Starkstromkabeln verschickt.

Kartellamt verschickt Bußgeldbescheide / Alle namhaften Hersteller unter Verdacht / Branche steht mit dem Rücken zur Wand

BERLIN (hej).Das Bundeskartellamt hat erste Bußgeldbescheide gegen die Anbieter von Starkstromkabeln verschickt.Am Montag bestätigten Asea Brown Boveri (ABB) und Felten & Guilleaume, Post von den Berliner Wettbewerbshütern bekommen zu haben.Das Kartellamt wirft der Branche vor, sich mit unzulässigen Quotenabsprachen den Markt und somit die Kunden aufgeteilt zu haben.Kartellamts-Sprecherin Elke Zeise bestätigte, daß die Behörde am Freitag die ersten Bußgeldbescheide abgeschickt habe, "weitere werden folgen". Das Kartellamt hat nahezu alle Anbieter von Starkstromkabeln im Visier.Im vergangenen September hatte die Behörde in einer bundesweiten Aktion die Filialen von zehn Stromkabelherstellern und drei Branchenverbänden durchsucht.Betroffen waren damals unter anderem Siemens, die Alcatel-Gruppe, ABB, Felten & Guilleaume, das Berliner Unternehmen KWO Kabelwerke Oberspree sowie zahlreiche mittelständische Kabelfirmen.Brancheninformationen zufolge soll die Wettbewerbsbehörde jetzt Bußgelder von insgesamt 260 Mill.DM verhängt haben; damit wäre das Kabel-Kartell eines der größten Verfahren überhaupt.Die bisher höchsten Bußgelder in seiner Geschichte hatte das Kartellamt im Jahr 1989 gegen 14 deutsche Zementhersteller verhängt, die als Strafe für Preis- und Quotenabsprachen rund 290 Mill.DM zahlen mußten. "Das ist eine große Sache", beschreibt Zeise die Dimension des Kabel-Falls.Wieviele Firmen einen blauen Brief aus Berlin bekommen werden und wie hoch die jeweiligen Bußgelder ausfallen, will man jetzt aber noch nicht sagen.Immerhin dürften viele Unternehmen die Bescheide erst in den nächsten Tagen auf den Tisch kommen.Zudem haben die Anbieter zwei Wochen lang Zeit, die Vorwürfe zu prüfen und Einspruch zu erheben.Erst dann will die Wettbewerbshörde weitere Einzelheiten nennen.Auch Felten & Guilleaume wollten sich am Montag weder zu den Anschuldigungen noch zur Höhe des gegen sie verhängten Bußgeldes äußern: "Das ist ein schwebendes Verfahren", hieß es.Auch bei der Konkurrenz herrscht Funkstille.Offiziell will sich niemand äußern.Klar ist aber, daß alle namhaften deutschen Kabel-Firmen auf der Liste des Kartellamts stehen. Die Situation der Kabel-Produzenten sei katastrophal, werben Brancheninsider um Verständnis.In den letzten Jahren seien die Preise um 50 Prozent gesunken.Während den deutschen Anbietern viele Auslandsmärkte verschlossen seien, drückten Billigproduzenten aus dem Osten Europas die Preise im Inland.Nach Angaben des zuständigen Fachverbandes Kabel im Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI) ist die Zahl der Arbeitsplätze seit 1990 um ein Drittel auf rund 20 000 Beschäftigte gesunken.1995 erwirtschafteten die 45 Mitgliedsfirmen des Verbandes einen Inlandsumsatz von rund 4 Mrd.DM, davon entfielen 1,3 Mrd.DM auf den Bereich Starkstromkabel.Die deutschen Hersteller befänden sich in einer "existenzbedrohenden Situation", die zu einer enormen Konzentration auf dem Markt geführt habe, berichtet der Verband.Zu den Größten der Branche gehören die Alcatel-Gruppe, Siemens, Felten & Guilleaume, KWO und der ABB-Konzern.In Berlin produziert nicht nicht nur KWO Kabel, auch im Siemens-Kabelwerk in Spandau arbeiten derzeit noch rund 600 Beschäftigte.Deren Zahl soll jedoch noch in diesem Jahr auf 535 abgebaut werden.

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